Alle Beiträge von Sankt Neff

Wiglafs Wigwam (5)

Vor einigen Jahren schrieb ich ein kurzes Gedicht mit dem Titel „Nehmen und Geben“. Es geht so:

Sei froh,

wenn du hart bist

im Nehmen.

Weil das Leben

so hart ist

im Geben.

An dieses Gedichtlein mußte ich denken, als ich den letzten Text von Wiglaf Droste las, den die ´junge welt´ nach seinem Tod veröffentlichte:

An einen Kleingläubigen

Das Leben ist nichts Schlimmes.

Nimm es.

Wiglafs Wigwam (2)

Dieses Bild mailte mir Wiglaf Droste, als ich ihn vor ein paar Jahren im Hinblick auf eine gemeinsame Lesung um ein Pressefoto bat.  Schon damals war ich ganz verzückt von der behaarten Wiglaf-Puppe, aber auch von der Katze, die sich wild entschlossen in den Vordergrund schiebt und den Mann an ihrer Seite zu bewachen scheint. Sub specie aeternitatis rührt mich das Bild noch ein wenig mehr an.

„Katzen zählen zu den meistverkitschten Lebewesen. Doch dazu tragen sie selbst relativ wenig bei, allein schon aus Faulheit und Desinteresse. Katzen erziehen noch den freiheitsliebendsten Mann zu willfährigem Personal.“

(Aus einem Nachruf auf eine Katze, den Wiglaf Droste 2004 in der ´taz´veröffentlichte.)

Wiglafs Wigwam

Heute vor einem Monat starb Wiglaf Droste. Oder um es in his own words zu sagen:  Seit dem 15. Mai ist er  nicht mehr sterblich.

Ich lernte ihn in den neunziger Jahren als Leser kennen und später über die Arbeit fürs Radio auch in echt. Am Tag nach seinem Tod habe ich versucht, ihn zu würdigen:

Nachruf Wiglaf Droste

Angeblich plante Wiglaf Droste noch kurz vor seinem Tod, die kulinarische Kampfschrift „Häuptling Eigener Herd“ wiederzubeleben.  Wundervoller Name für ein auch sehr ansehnliches Druckerzeugnis. An die kalauerige Indianer-Metaphorik anknüpfend werde ich in den nächsten Wochen unter der Überschrift „Wiglafs Wigwam“ ein paar besonders wertvolle und unsterblichkeitsverdächtige Zitate von ihm aufschreiben und aufheben für die, die noch sterblich sind. So wie dieses hier, das aus einer privaten Email stammt:

„Freundschaft, Liebe, Poesie und Musik,

plus Kochen und Futtern und Reisen = Glück“

Wer zum Teufel ist Sankt Neff? (4)

„An der Anlegestelle für das Schiff nach Teufelsbrück mußte Sankt Neff eine Weile warten. Er setzte sich in das nach vorn offene Haltestellenhäuschen, las dort türkische Sprüche, deutsche Vornamen, ´fuck´, unverdrossen ´fuck´, ein gewissenhaftes Satzzeichen, ein Taktstrich: ´fuck´.“

(Brigitte Kronauer, „Teufelsbrück“)

Neulich in Kreuzberg (4)

Auf dem Fahrrad sitzt der Vater und tritt.

Mit dem Rücken zu ihm, auf dem Gepäckträger, sitzt die Mutter und zieht.

Zieht einen Kinderwagen, in dem, ich kann es nicht sehen, wohl ein Baby liegt.

Der Vater tritt. Die Mutter zieht. Und singt. Das Baby liegt, spürt vielleicht den Fahrtwind, sieht und hört die Mutter singen.

Und ich: schau es an, das Familien-Idyll, mit Verwunderung und Wohlgefallen.

Mit der Mundharmonika für Europa

Ich bin ein großer Freund der Mundharmonika. Immer wenn ich eine  höre, freue ich mich.   Sie ist so ein unprätentiöses Instrument. Eine zugleich komische wie anrührende Fallhöhe entsteht,  wenn ein Mann mit Schlips und Kragen in einem Parlament auf diesem unprätentiösen Instrument eine Hymne spielt.  Der slowenische Abgeordnete Alojz Peterle verabschiedet sich in der letzten Sitzung des Europa-Parlaments vor der Wahl von seinen Kolleginnen und Kollegen:

Für mich ein wirklich beflügelnder  Beitrag zur Popularisierung der europäischen Idee.  Gut geblasen (und gezogen), Herr Peterle!