Ein paar Dinge, die Sie unbedingt über Italien wissen sollten

Im schiefen Turm von Pisa

hängt wer? Die Mona Lisa.

 

Gemalt hat sie der? Dante.

Bei was wohl? Viel Spumante.

 

Dann fiel er von der Treppe

des Hauses von? Giuseppe.

 

Verdi nicht kennt, ich meine,

wer kennt ihn nicht und seine

 

berühmte Oper – warte –

die über Bonaparte,

 

der Pfirsich aß auf Melba

– bis heute unvorstellba!

 

Ein Muß ist auch Verona.

Berühmteste Bewohna

 

sind? Romeo und Remus,

die damals im VW-Bus

 

Italien bereisten,

ein Abendmahl verspeisten,

 

da Vincis Code erfanden

und unterm Fenster standen

 

von jena oder diesa,

von Mona oder Lisa,

 

von Hanni oder Nanni,

die grad mit Don Giovanni

 

sehr lustvoll auf dem Sofa

von Achim Casanova

 

Amore machten. Ecco!

Umberto trank Prosecco

 

und schrieb dabei Romane.

„Der Name der Platane“

 

erzählt von Barbarossa,

der weiland in Canossa

 

zur Kur war oder Buße.

Er starb dann wo? Am Fuße

 

der mächtigen Abruzzen

kurz nach dem Zähneputzen.

 

Ganz ähnlich wars bei Nero,

bei Cäsar und Cicero:

 

Sie putzten ihre Zähne

und machten große Pläne.

 

Doch kurz darauf schon: Ende!

Sehr schön sind auch die Strände

 

da unten bei Neapel.

Hier lief das Schiff vom Stapel,

 

auf dem der Marco Polo

– zu dieser Zeit noch solo –

 

mit einem treuen Diena

den Seeweg nahm nach China.

 

Zurück dann über Nizza,

an Bord die erste Pizza,

 

die sie sehr knusprig backten.

Soweit mal ein paar Fakten.

Erster

Das Internet lehrt Demut.  Du denkst einen Gedanken und denkst, du bist der erste der ihn dachte, schaust nach im Netz und stellst fest: Nichts da. Der Aby Warburg hat ihn auch schon gedacht (siehe weiter unten: „Detail versus Klischee“).  So kann es dir mit Gedanken gehen, mit Witzen, Formulierungen, Reimen.

Die Kehrseite der Demut ist der schwellbrüstige Stolz, der in dir Platz greift, wenn du ausnahmsweise zur Kenntnis nehmen darfst, daß du mit irgendwas vielleicht doch mal der erste bist.

So schrieb ich neulich ein albernes Gedicht, das  unter dem Deckmantel der Bildungshuberei lauter Quatschfakten über Italien vermittelt. In diesem Gedicht reimte ich „Abruzzen“ auf „Zähneputzen“, war ein bißchen stolz, schaute nach im Netz und war dann noch ein bißchen ungebremster stolz, als ich sah: Diesen Reim  scheint es vorher tatsächlich  noch nicht gegeben zu haben. Zumindest ist er nicht so ohne weiteres im Netz dingfest zu machen.

Das aber soll sich ändern. Denn in der kommenden Woche werde ich genau dieses Gedicht mit genau diesem bislang unerhörten Reim genau hier veröffentlichen. Schaut wieder vorbei, dann werdet ihr schon sehn.

Wiglafs Wigwam (7)

„Sprachkritik, die nur recht haben will, ist uninteressant. Das gleichermaßen mäkelige wie auftrumpfende Einteilen in richtig und falsch mag die Ambitionen von professionellen Rotstiften oder Amateurdeutschlehrern befriedigen. Das ist piesepömpelig und kleinlich, ärmlich und latent peinlich. Man soll kein Rechthaber der Sprache sein, sondern ihr Liebhaber. Und also das unverbindliche und hässliche Vokabular meiden und das schöne, bildhaft sprechende, treffende suchen oder erfinden.“

(Wiglaf Droste, „Will denn  in China gar kein Sack Reis mehr umfallen?“, S. 26)

Eben leben in Ebeleben

Ich weiß nicht sehr viel über Martin Luther. Außer das mit den Thesen und dem Tintenfaß und dem Teufel. Und daß im Jubiläumsjahr 2017 Margot Käßmann Luthers Stellvertretreterin auf Erden war. Achso, seinen Geburts- und Sterbeort kenne ich natürlich auch:

Geboren 1483 in Eisleben, gestorben 1546 ebenda.

Eisleben: Ich konnte mir das deshalb so gut merken, weil ich immer gedacht habe: Da hat er aber Glück gehabt, der Luther, daß er nicht in Scheißleben geboren und ebenda gestorben ist.

Den Ortsnamen Scheißleben gibt es nicht. Könnte es aber geben. Das weiß jeder, der mit offenen Augen durch Ostdeutschland reist. Denn in Ostfalen, im Thüringer Becken und auch in Brandenburg hat es keinen Mangel an Ortsnamen, die geeignet sind, den Blick auf das irdische Dasein zu verfinstern. Wanderer, kommst du nach Bösleben oder Haßleben, nach Aschersleben, Sargleben oder Grabsleben, mach, daß du schnell wieder wegkommst, wenn dir dein Leben lieb ist.

Das Leben aber ist eben nicht lieb, sondern neigt zur Düsternis und zum Zynismus: Wohl gibt es in Berlin die Ortslage Witzleben rund um den Lietzensee, einen Weiler namens Liebesleben aber sucht man im deutschsprachigen Raum vergeblich.

Nicht ganz unverlockend als Reiseziel erscheint mir allenfalls die kleine Gemeinde namens Ausleben, die in der Nähe von Oschersleben gelegen ist. Was viele nicht wissen: Am 1. Juli 1950 wurden die Orte Ottleben und Warsleben in Ausleben eingemeindet. Wer aber denkt, daß sich in Ausleben die Swinger-Clubs und SM-Studios knubbeln, hat sich getäuscht. Vielmehr gibt es in allen vier Ortsteilen evangelisch-lutherische Kirchen. Sie gehören übrigens zum Kirchspiel Hamersleben. Aber das nur nebenbei.

So ungut die Assoziationen sind, die viele der Ortsnamen mit –leben hintendran vermitteln, einige von ihnen erheitern immerhin durch Klang:

Pripsleben, Irxleben, Elxleben, Erxleben, Merxleben.

Mein Lieblings-Leben-Ortsname aber ist Ebeleben. Zum einen wegen seines e-basierten Wohlklangs. Zum anderen, weil er mich an ein lustiges Gedicht von Dorothy Parker erinnert. Es handelt von Selbstmord und geht so:

 Rasierklingen ritzen

Flüsse sind naß

Säuren spritzen

Gift macht blaß

Schlingen muß man knoten

Schüsse gehn daneben

Sprengstoff ist verboten

Bleibste eben leben

Lakonischer läßt sich ein fröhlicher Fatalismus doch nicht auf den Punkt bringen als in diesen drei Worten: Bleibste eben leben. Und sei es eben in Ebeleben.

Ansichtskarte aus Italien

Auch diesmal fand ich vieles schön im viel gelobten Land:

Zum Beispiel diese Pinien als Wegweiser zum Strand.

Noch schöner fast der Volleyballerinnenfuß im Sand.

Vielleicht am schönsten: Geckoschatten auf der Bruchsteinwand.

Moment – jetzt weiß ich, was ich wohl am allerschönsten fand:

Ja, das war die Libelle auf dem Kaffeetassenrand.

– Italien, deine Schönheit ist des Glückes Unterpfand.

Wer zum Teufel ist Sankt Neff? (5)

„Sehen wir einen Mönch, der still zum Himmel aufblickt und einen Löwen bei sich hat, so wissen wir, das ist der heilige Markus. Sehen wir einen Mönch mit Buch und Feder, der still zum Himmel aufblickt und nach einem Wort grübelt, so wissen wir, das ist der heilige Matthäus. Sehen wir einen Mönch auf einem Felsen sitzen, der still zum Himmel aufblickt, nur einen menschlichen Schädel neben sich und ohne sonstiges Gepäck, so wissen wir, das ist der heilige Hieronymus. Sehen wir einen Mönch mit einer Gurke in der Hand, so wissen wir, das ist der heilige Neff.“

(Mark Twain, „Die Arglosen im Ausland“)

Nochmal Realität

Früher mal, also weiter unten, versammelte ich hier unter der Überschrift „Viermal Realität“ einige Zitate von Künstlern zum schwierigen Verhältnis von beflügelter Phantasie zur schnöden Wirklichkeit. Beim Immerwiederhören der zum Immerwiederhören sehr gut geeigneten CD „13 Wohnzimmer“ von Eric Pfeil ist mir ein neues Fundstück untergekommen.  So wie es in den Texten dieses bemerkenswerten Songwriters von Fundstücken zu allem möglichen überhaupt nur so wimmelt. Das hier stammt aus dem Lied „Ein Lied ist wie ein nackter Mann“:

„Mir ist die ganze Sache mit der Realität

auch am Ende gar nicht mal so wichtig.

Aber wenn ich mich verliebe und wenn ich mich besaufe,

dann mach ich das auch richtig.“

Eric Pfeil ist ein Sänger, der nicht so richtig gut singen kann und dem ich – vielleicht auch deshalb –  extrem gerne zuhöre. Ich lernte ihn durch Zufall kennen. Im vergangenen Jahr spielte er mit seiner Band „Die Realität“ als Vorgruppe für „Erdmöbel“. Ich war auf Anhieb verzaubert von seinem Witz und Charme und guten Aussehen. Nach dem Konzert kaufte ich ihm persönlich eine CD ab und begann, mich in sein Werk zu vertiefen. Falls Ihr es mir gleichtun wollt: Hier kommt ein Video, das uns an mehrere Schauplätze in Köln führt, u.a. die „Bar Celentano“, die auch ich immer aufsuche, wenn ich mich mit Freund Claudio treffe:

Seither und fürderhin – Fünf Jahre „Mein All“

„´Liebe Gemeinde,

im Anfang war das Wort.

Und es lautete: Haufen.

Soviel zu Beginn und fürderhin mehr.

Euer Sankt Neff´

Mit diesem Eintrag ging es los vor ziemlich exakt fünf Jahren.

Und? Hatte ich zuviel versprochen. Ich denke: nein.

Denn es gab seither mehr :

Wörter. Bilder. Töne.

Kühe. Zementmischer. Seufzer.

Wiglaf. Brigitte. Harry.

Alles was eben Platz findet in so einem All.

Und all das soll es auch von heute aus betrachtet fürderhin geben. Schaut doch so zwischendurch und nebenbei mal wieder rein und tragt weiter bei, wenn Ihr wollt. Besonders schöne Kommentare werden, wie Ihr wißt, üppig belohnt.

 Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

Schöne Grüße – Immer Euer Sankt Neff“

Diese Nachricht mailte ich rum vor einer Woche. Und gleich hagelte es Reaktionen. Wie aus der Pistole schoss zum Beispiel Grit zurück:

„Haufen? Schön und gut, aber wann wieder Salon?“

Berechtigte Frage. Und die Antwort lautet: am 27. Oktober.  Zu Gast sein im K-Salon wird der mehr als  gute Schriftsteller Albrecht Selge.

Sehr schnell reagiert hat auch der stets sehr schnelle Pianist und Komponist  Andreas, der mein Schaffen besser kennt als ich selbst:

„Lieber Sankt Neff,

da möchte ich Dir natürlich herzlich gratulieren und dies zum Anlass nehmen, um danke zu sagen für so viele anregende Gedanken, Worte, Sprachraffinessen und vieles mehr. Nein, Du hattest damals nicht zu viel versprochen, und die Welt wäre ein ganzes Stück ärmer ohne diesen wunderbaren Fundus.
Ich will nicht mit leeren Händen kommen, und so habe ich kurzerhand Deinen ersten Eintrag vertont. Es ist allerdings kein Stück für unseren Chor geworden, sondern doch eher im Bereich der zeitgenössischen Musik angesiedelt. Es ist für einen Bariton mit kräftiger, klingender Höhe geschrieben. Beim Schreiben hatte ich Christian Gerhaher vor dem inneren Ohr. Er wird Dir das sicher mühelos vorsingen können…

Herzliche Grüße und auf fürderhin noch viel mehr Texte

Andreas“ 

Weiß nicht, aber möglicherweise ist das eine Welturaufführungspremiere, daß ein Blog-Post vertont wird. Alle mal herschauen: 

Auch nicht auf den Mund gefallen: Barmann Alex mit einer leicht verrätselten Gratulation. Das Verständnis wird erleichtert, wenn man weiß, daß drei seiner  Hausgötter Leroy Sané, Niels Frevert und Franz Josef Wagner sind:

„Congrats!

Bin ja eher selten dort (= hier, Anm. Sankt Neff), weil ich natürlich priorisiert auf dem Troittoir nach Ascheresten von Franz Josef Wagner Ausschau halte. Das, lieber Sankt Neff, wirst Du verstehen. Aber immerhin erfahre ich nun, das Du auch an Höhenangst leidest, und ich mithin nicht mehr die einzige Höhenangstvollflitzpiepe bin.

Würdest Du das Werk von Franz Josef Frevert schätzen, könntest Du in Deinem Blog eine Rubrik implementieren, wo man außergewöhnlich lange Worte eintragen darf, aus denen dann später Menschen wie Franz Josef Frevert oder Leroy Frevert Songs mit außergewöhnlich langen Songtiteln  fabrizieren könnten.

Könnte so sein. Ist aber nicht so.

Trotzdem.

Congrats!“

Auch Wolfgang Kaes gehört, was mir zur Ehre gereicht, zu den Lesern dieses Blogs. Früher mal war er mein Chef. Als würde das nicht reichen für die Vita, wurde er später noch  „Journalist des Jahres“, Henri-Nannen-Preisträger und Autor aufwendig recherchierter Kriminalromane.  Er revanchiert sich mit einem bemerkenswerten Fundstück und folgender kurzer Erklärung:

„Lieber Sankt Neff:

Gesehen in Remagen am Rhein. Neben dem Kik. Für Königspinguine wird nix reserviert.“

„Reserviert für Königshähnchen“ – falls ich mal einen Roman schreibe: so soll er heißen.

Seufzen

ist ein schönes Wort – klanglich wie inhaltlich. Es bezeichnet einen wohltuenden Vorgang. Doch wie ihn definieren? Der Online-Duden hilft nicht weiter, aber das „Deutsche Universal Wörterbuch“ aus dem selben Hause:

„als Ausdruck von Kummer, Sehnsucht, Resignation, Erleichterung o.ä. hörbar tief und schwer ein- u. (mit klagendem Ton) ausatmen, oft ohne sich dessen bewußt zu sein“

Als ich diese Definition las, war ich voller Bewunderung und Dankbarkeit dafür, daß es Menschen gibt, die auf so etwas Mühe verwenden.

Eine besonders gelungene Variante des vielleicht in diesem Fall eher verwunderten Seufzens über das Indieweltgeworfensein schickte mir Freund Andreas.  Große Dichtkunst, finde ich:

„Das Hiersodaseinso immer.
Tz.“