Zwei Wiedehopfe

Ihr Lieblingsplatz war die Wiese

unter der Feige am Haus meiner Schwester.

Dort saßen sie und pickten,

immer zu zweit,

immer neben einander,

der linke und der rechte Wiedehopf.

Wenn sie sich erschraken

über Menschen, über Autos,

propellerten sie schnell in die Höhe,

fast gleichzeitig,

der rechte und der linke Wiedehopf.

 

Eines schönen Morgens

sahen wir einen der beiden

auf der Stromleitung sitzen,

im Gegenlicht, sehr pittoresk im Profil.

Wir fragten uns,

noch scherzhaft,

ist es der linke oder der rechte der beiden Wiedehopfe?

 

Nachmittags dann schon wieder:

nur einer der beiden

schaute uns beim Baden zu.

 

Abends schließlich,

als wir aßen

und er abermals

ganz in unserer Nähe saß,

der rechte oder der linke Wiedehopf,

ging uns auf:

Er ist allein.

Einer von beiden fehlt,

entweder der linke oder der rechte,

warum auch immer.

 

Der übrig war,

dauerte uns.

Meine Schwester fragte den Wiedehopf:

Bist du einsam?

(Foto: Andreas Günther)

3 Gedanken zu „Zwei Wiedehopfe“

  1. Ergänzen möchte ich noch, was mir der große Schlagzeuger Kalle Mews zu diesem Text schrieb. Er hat ganz früher mal mit Helge Schneider musiziert, später mit Wiglaf Droste, heutzutage geht er mit Ulrich Tukur auf Tour.
    „Laut einer Tukur Moderation zur Einführung meiner Person habe ich von Theologie auf Ornithologie umgesattelt, um dann jahrelang als Vogelforscher seltene Regenwaldvögel am Oberlauf des Orinoko zu beobachten, habe selbst dabei mit diesen Vögeln in ihren Nestern gelebt, bin mit einem Wiedehopf verheiratet und lebe in einer Volière in Kiel.
    Das zu deinem einsamen Wiedehopf.“

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