Karl Ignaz Hennetmair war ein Nachbar von Thomas Bernhard. Anfang der 70er Jahre machte er sich jeden Tag ausführliche Notizen über die vielen Stunden, die er mit dem Schriftsteller auf Spaziergängen, beim Essen und vor dem Fernseher verbrachte. Viel später wurde daraus das Buch „Ein Jahr mit Thomas Bernhard“.
Mehrere Menschen empfahlen es mir zur Lektüre, nicht zuletzt Harald Schmidt, der auf dem Buchumschlag dekretiert: „unglaublich spannend, unglaublich informativ, grandios geschrieben!“
Das kann ich nicht bestätigen. Für mich ist das Tagebuch eher eine Aneinanderreihung ziemlich zäher Alltäglichkeiten, die noch dazu eher staksig formuliert sind. Kurzum: Nach nicht mal 200 Seiten mochte ich die restlichen 300 nit mehr lesen.
Bis dahin aber hatte ich immerhin zwei Stellen gefunden, für die die Lektüre sich schon gelohnt hat. Erstens eine originelle Definition von Freundschaft:
„Seit sieben Jahren kennen wir uns, vor fünf Jahren waren wir splitternackt in der Alm baden, aber erst in den letzten Wochen hat die Bekanntschaft einen Grad erreicht, daß wir laut voreinander furzen.“ (S. 116)
Und zweitens eine in ihrer Banalität sehr komische Essens-Empfehlung:
„Da mir zu Mittag als Gründonnerstagskost Spinat mit Spiegelei so geschmeckt hatte, wollte ich bei der Rückkehr um ca. 18 Uhr Thomas so ein Essen anbieten. Er sagte, er habe dasselbe auch mittags im Gasthaus gegessen. Da haben wir dann auf Omeletten umgeschaltet. Aber wir haben uns vorgenommen, öfter Spinat mit Spiegelei zu essen, denn es schmeckt so gut.“ (S. 161)
Zwei Menschen, ein Realitätenhändler und ein Schriftsteller, die sich am Gründonnerstag des Jahres 1972 darauf verständigen, fürderhin häufiger Spinat mit Spiegelei zu essen – ich freue mich darüber. Denn es schmeckt so gut.