Alle Beiträge von Sankt Neff

Das ß-Dilemma

Doof ißt, daß eß daß „ß“ nicht alß Großbuchstaben gibt. Deßhalb muß ich in den Überschriften dießes Blogß immer auf daß doppelte „S“ außweichen – ßo wie einß weiter unten:

FREMDE FÜSSE

Waß ja zur Not noch anginge. Wenn nur die ßelbe Überschrift nicht gleich nebenan in der Spalte mit den letzten Beiträgen wieder in Kleinbuchstaben angezeigt würde. Wo dann beispielßweiße jetzt steht:

Fremde Füsse

Waß scheiße außßieht. Ich prangere daß an.

Fremde Füsse

Adolph Menzel möchte ich an seinem heutigen 200. Geburtstag vor allem für sein Bild „Der Fuß des Künstlers“ feiern.  Vor einigen Jahren bog ich in der Alten Nationalgalerie um die Ecke und stand unversehens und schlagartig begeistert diesem kleinformatigen Großwerk gegenüber:

Adolph_Menzel_Fuß_des_Künstlers_1876

In Öl und auf Holz hat Menzel 1876 gemalt, was eigentlich recht nahe liegt – in seinem Fall besonders nah, denn der Mann war wohl nur knapp Einmeterfünfzig groß -: ein Porträt seines rechten Fußes.

Naheliegend, aber in der Geschichte der Kunst doch sehr ungewöhnlich. Ein genauer Blick auf ein peripheres Körperteil, dem vermutlich ebendrum selten derart hingebungsvolle Aufmerksamkeit zuteil wird.  Der Fuß ist halt sehr weit weg vom Kopf und bleibt den meisten Menschen lebenslänglich befremdlich fremd.

Auf dieser Erfahrung fußt auch das folgende Gedichtchen, das Menzel zu widmen vielleicht etwas anmaßend ist. Ich tus aber trotzdem.

 

Einmeterzweiundachtzig

 

Hier oben ist mein Kopf,

da unten ist mein Fuß.

Er scheint mir etwas fremd,

ich schick ihm einen Gruß.

 

Der Fuß grüßt mich zurück,

erzählt mir meine Hand.

Ich glaub, mein Fuß und ich,

wir sind jetzt gut bekannt.

Lebewesen

Eines der sowohl klangschönsten als auch rätselhaftesten Wörter im Schatz der deutschen Sprache ist „Lebewesen“: Neun Buchstaben, bestehend aus fünf verschiedenen Konsonanten, die sich mit ein und demselben Vokal akkurat abwechseln:

L-E-B-E-W-E-S-E-N

Je häufiger ich mir dieses sehr symmetrische, ebenso monoton wie abwechslungsreich komponierte,  zugleich abstrakt und beseelt anmutende Wort anschaue oder vorspreche, desto rätselhafter wird es mir.

Wer oder was sind eigentlich Lebewesen, fragt der rhetorisch Fragende. „Lebewesen heißen solche Dinge, die sterben können“, lese ich bei Thomas Kapielski („Neue Sezessionistische Heizkörperverkleidungen“, S. 96), der seinerseits den Zoologen und Entdecker der menschlichen Eizelle Karl Ernst von Baer zitiert.

Will sagen: Lebewesen = Sterbewesen.

Die Mikrobe kann und muß sterben, ist ergo ein Lebewesen. Das gleiche gilt für Regenwurm, Schachtelhalm, Gänseblümchen, Dackel, Kuh und Mensch. Einzig der Mensch aber ist nicht nur Lebewesen, sondern auch, wie ich bei Wiglaf Droste („Wasabi dir nur getan?“, S. 38) gelernt habe,  ein Lesewesen:

„Gibt so viele Lebewesen,

aber nur ein Lesewesen.“

Alle Lebewesen können sterben, lesen aber nur der Mensch. Womit fürs Erste fast alles Wesentliche über Lebewesen gesagt sein sollte. Und hier zu lesen steht. Außer eben dem Gültigsten, was je über Lebewesen in die Welt gesetzt und gesungen wurde. Von Funny van Dannen nämlich, der deshalb hier das letzte Wort haben soll und muß:

„Vor dem Tresen hinterm Tresen

überall sind Lebewesen.“

Vom Woher und Wohin

Freund Martin ist Lehrer und ein kluger Mann. Neulich erkundigte er sich via Elektropost, ob ich eine Lösung für das Flüchtlings-Problem hätte.  Seine Schüler frügen ihn immer wieder danach und er wisse keine Antwort. Mir gefiel die Herausforderung, eine große Frage mit wenigen Sätzen möglichst einfach zu beantworten.  Und so gab ich mir redlich Mühe.

Gestern nun revanchierte ich mich und stellte meinem Brieffreund zwei mindestens ebenso intrikate Fragen:

Woher kommt der Haß?

Und:

Was tun gegen den Terror?

Noch am selben, späten Abend erreichte mich eine Antwort, die mir sehr einleuchtet. Nämlich diese hier:

„Der Hass kommt aus dem Gefühl, zu kurz gekommen zu sein.
Das Gefühl, zu kurz gekommen zu sein, kommt aus eingebildetem oder echtem Zukurzgekommensein.
Das Zukurzgekommensein kommt von der Ungerechtigkeit der Welt und der Untätigkeit des lieben Gottes.
Gegen den Terror ist mit viel Geduld und ganz viel Polizeiarbeit alles Mögliche zu tun, nur eins nicht: Krieg führen.

Was ist gegen die Angst der Kinder vor dem Terror zu tun? Keine Ahnung.“

Soviel zum Woher und nun zum Wohin, mit dem sich der Sänger Jochen Distelmeyer auf seiner auch sonst sehr empfehlenswerten Platte „Heavy“ befaßt hat:

Lebenslänglich

Ende Oktober unter deutschen Rentnern in Los Christianos auf Teneriffa:

Die am hellichten Mittag bei Kaffee, Bier und Zigaretten an der Promenade sitzen, begrüßen die, die in kurzer Hose und mit nacktem Oberkörper zum Strand schlendern:

Das Wasser ist noch da.“

Darauf die Schlendernden:

Das ist gut. Macht euch nen schönen Tag.“

Darauf wieder die Sitzenden:

Was bleibt uns übrig.“

Vielleicht handelt es sich hierbei um eine spezielle Form des Galgenhumors derjenigen, die bis zum Tode verurteilt sind zu Sonnenschein und Badeurlaub.

Wiglaf, verpuppt

Wiglaf Droste, der am Sonntag gemeinsam mit dem Geiger Gerhard Uebele und mir bei „Menschen auf Stühlen“ auftreten wird und den ich darob um ein Pressefoto bat, ließ mir dieses entzückende Bild hier zukommen:

Wiglaf als Puppe

Abgesehen von der Katze, die sich so kompromißlos wie wild entschlossen in den Vordergrund drängt, gefällt mir besonders gut die starke Körper- und Gesichtsbehaarung der Wiglaf-Puppe.

Wer wissen will, wie ähnlich die Puppe Wiglaf Droste sieht bzw. Wiglaf Droste der Puppe:

Zu besichtigen ist der echte Mann am Sonntag, 8. November, um 17 Uhr im Kreuzberger K-Salon, Bergmannstraße 54. Den Part der Katze übernehmen abwechselnd Gerhard Uebele und ich.

Neues aus der Wortspielhölle

Ich stand als deutscher Tourist in einem Dubliner Pub und durfte erleben, wie beneidenswert die Einheimischen zu singen, zu tanzen, zu fiddeln und zu feiern verstehen. Zum wiederholten Male dachte ich auf dieser Reise:

„Ich wäre so gerne einer der Iren.“

Defekt (4)

IMG_0638

In diesem Fall ist nicht nur die Kaffemaschine in der Kantine defekt, sondern auch die Orthographie: zwei Wörter, zwei Fehler. Worüber ich mich  keineswegs lustig machen will. Im Gegenteil, ich finde die Kombination aus Rechtschreibschwäche,  Mädchenschrift und dem Bemühen um gehobene Ausdrucksweise („defekt“ statt „kaputt“ oder „geht nicht“) ausgesprochen niedlich.