Wer beruflich oder persönlich häufiger mit Schauspielerinnen, Schriftstellern oder Sängern zu tun hat, der weiß, was ich meine, wenn ich sage:
„Liebst du die Kunst, dann meide den Künstler.“
Weil es doch eben sehr ernüchternd sein kann, den Menschen nahe zu kommen, die als Künstler Einzigartiges geschaffen haben, und von denen man in naiver Verehrung annahm, hinter dem großen Werk müsse sich auch ein großartiger Mensch verbergen. Nicht selten, wenn nicht häufig oder sogar meistens: mitnichten.
Mit anderen Worten, nämlich denen Arno Schmidts:
„Der Künstler hat nur die Wahl, ob er als Mensch existieren will oder als Werk; im zweiten Fall besieht man sich den defekten Rest besser nicht.“
*
Wer sich jetzt fragt, von wem wohl eigentlich das einigermaßen geniale Zitat vom zu meidenden Künstler stammt – so ging es mir auch. Ein Kollege von mir benutzt es gern, wenn die Sprache auf egozentrischste Schriftsteller und zickigste Schauspielerinnen kommt. In der Annahme, daß ein einschlägiger Aphoristiker wie Oscar Wilde dahinterstecke, befragte ich das weltweite Netz. Und siehe da: nichts. Nicht zu finden, nichts zu machen.
Ich stellte den erwähnten Kollegen zur Rede, der den Urheber des Zitats aber auch nicht kannte, sondern nur wußte: „Das habe ich vom Kollegen Alexander Lück gehört.“ Also stellte ich auch Alexander Lück zur Rede:
„Von wem stammt denn nun der sehr wahre Satz ´Liebst du die Kunst, dann meide den Künstler´?“
„Der ist von mir.“
Ich schaute ungläubig und Lück ergänzte:
„Den habe ich mir zusammen mit dem Kollegen Daniel Finkernagel ausgedacht, als wir gerade versuchten, mit einer extrem kapriziösen Sängerin zusammenzuarbeiten.“
Ich blieb baff zurück und voller Bewunderung für die aphoristischen Fähigkeiten des Duos Finkernagel/Lück – und auch der Freude darüber, daß mal etwas im Netz NICHT zu finden ist. Eine beglückende Leerstelle. Die mit diesem Eintrag hier zu füllen ich mir aber nicht verkneifen kann.
Großartig! Und dieser Finkernagel ja eh sehr gut und trotzdem unmeidenswert!
Es heißt ja auch „Wahnsinn und Genie gehen Hand in Hand „ , was auch nicht stimmt. Vielmehr verteilt sich Kunst und Wahnsinn gleichmäßig über alle IQ und Charaktere, wir nehmen nur die extravagantesten am meisten wahr.