Selten so gelacht bei einem Pop-Konzert. Eher: nie.
Schon das Bühnen-Outfit war komisch: Fellbesetzte Cap, Brille auf der Nase, Kopfhörer um den Hals, ein psychodelisch gemustertes Hemd und eine schwarzweiß gepunktete Pluderhose.
PeterLicht ist eben kein normaler Mensch, sondern eine Kunstfigur. Die oft unfreiwillige Komik von Pop-Posen ist ihm sehr bewußt. Er nutzt sie trotzdem für sich und das ist dann eben freiwillig komisch. Er reckt die Arme in die Höhe und wir im Publikum müssen lachen und uns freuen.
Das Konzert beginnt mit ruhigen, innigen, lyrischen Liedern. Wenig braucht es. Diese junge, warme, helle Stimme, Gitarre, Klavier.
Dann wird es rhythmischer, künstlicher, komischer. PeterLicht schöpft die lustigen Möglichkeiten der Stimmverfremdung voll aus. Steigt hinab zu uns, singend, sprechend, einen fetten Stapel kopierter Zettel mit Text drauf großzügig verteilend. Hier bekommt das Konzert Performance-Charakter, aber unpeinlich. Und dann singen wir alle gemeinsam die „Emotionale“:
„Wacht auf, Verschlammte dieser Erde!
Dieses Land ist unser Land!
Singt übergriffige Lieder
Die ihr euch selber nicht erklären könnt!“
PeterLicht ist eine Kunstfigur, aber keine keimfreie, sondern eine aus Fleisch und Blut. Er hat Freude an Albernheit und Ausgelassenheit. Das verbindet ihn mit seinem Publikum. Die slapstickartigen Tanzbewegungen könnten an Helge Schneider geschult sein. Das muß man sich als ernsthafter Pop-Künstler erst mal trauen.
Möglicherweise traut er es sich auch in dem Bewußtsein, schon viele großartige Songs geschrieben zu haben, einige davon auch wieder auf dem neuen Album. Zum Beispiel das sehr gradlinige Lied „Menschen“, dessen Verse mich ganz inniglich berühren:
„Und hab mich abgemüht mit Menschen
Was hab ich versucht sie zu verstehen!
Und manchmal hab ich einen angefasst
Was hab ich versucht ihn zu verstehen“
PeterLicht singt das und plötzlich verstehe ich, wie unerhört schwer und anstrengend es ist, andere Menschen zu verstehen, wie unerhört merkwürdig, daß wir uns gelegentlich wechselseitig anfassen. Für mich ist das wahre Dichtkunst.
Schön, daß so viele Menschen gekommen sind, um sich im Festssal Kreuzberg erheben zu lassen durch die Kraft der Worte, der einfachen, aber nicht banalen Melodien, erlösen von der kathartischen Kraft der Komik.
Der komische, ekstatische Höhepunkt des Abends: PeterLicht bittet uns, mit ihm gemeinsam das Lied „Benimmunterricht“ zu singen: ein sperriger Text, der auf einer Zeitungsmeldung basiert, wonach die Arbeitgeberverbände Benimmunterricht an Schulen fordern. Dazu eine exzentrische E-Gitarren-Melodie. Geht nicht, das mitzusingen, denken wir. Geht aber doch. Der Künstler singt vor, wir singen nach:
„Einfache Regeln des Zusammenlebens fehlen den Schulabgä-hä-hä-hä-hä-hä-hängern.“
Die letzten Silben singen wir in Endlosschleife und PeterLicht windet sich dazu mit Gitarre auf dem Bühnenboden.
Selten so gelacht bei einem Pop-Konzert. Eher: nie.