Ein Ende finden

Heute mal eine Plauderei aus dem Nähkästchen des Sohns einer Schneiderin.

Über Wochen bemühte ich mich, eine kleine Beobachtung aus dem sommerlichen Süd-Brandenburg in Form zu bringen:

Ich laufe in sonntäglicher Ruhe an einem kleinen Hof zwischen Klausdorf und Sperenberg vorbei, wo lauthalsige Radio-Musik die Gänse bedudelt: „Club Tropicana“ von Wham.

Nach einigen Tagen vergeblicher Versuche, verwarf ich das Haiku als geeignete Form und verlegte mich auf vierhebige Verse mit Paarreimen. Das flutschte dann auch  gut und recht schnell waren sechs Strophen verfertigt:

 

Club Tropicana

 

Ist Sonntag und die Welt liegt still,

so still wie ich sie haben will.

 

Ich laufe leichthin übers Feld

und freue mich der stillen Welt.

 

Erst übers Feld, dann durch den Wald

zu einem Hof. Und dort beschallt

 

ein Lautsprecher den Gänsestall:

George Michael singt, es weht der Schall

 

„Club Tropicana“ übers Land.

Die Gänse wiegen sich charmant.

 

Ich höre lang noch, wie es schwingt

– bis wieder Stille um mich klingt.

 

So weit, so gut. Allein: Die letzte Strophe hinterließ ein zwar nur latentes, aber doch konstantes Unbehagen und Mißfallen. Im Laufe der nächsten Tage entstanden deshalb zehn Varianten des Schlusses:

 

Variante 1

Das Lied begleitet mich ein Stück,

dann kehrt die Stille still zurück.

 

Variante 2

Das Lied begleitet mich ein Stück

– Fade out: Die Stille kehrt zurück.

 

Variante 3

Im Gehen langsames Fade out,

dann wird die Stille wieder laut.

 

Variante 4

Ich nehm das Lied ein Stückchen mit,

dann wieder Stille Schritt für Schritt.

 

Variante 5

Das Lied wird leiser Schritt für Schritt,

dann läuft die Stille wieder mit.

 

Variante 6

Das Lied läuft noch ein Weilchen mit,

dann siegt die Stille Schritt für Schritt.

 

Variante 7

Ein Stückchen läuft das Lied noch mit,

dann schwillt die Stille Schritt für Schritt.

 

Variante 8

Das Lied läuft noch ein Weilchen mit,

dann wird es stiller Schritt für Schritt.

 

Variante 9

Das Lied läuft noch ein Weilchen mit,

dann still und stiller Schritt für Schritt.

 

Variante 10

Das Lied wird leiser mit der Zeit,

dann macht sich wieder Stille breit.

 

Bis ich mich letztlich entschied aus einer Schluß-Strophe zwei zu machen. Und also zufrieden war:

 

Club Tropicana

 

Ist Sonntag und die Welt liegt still,

so still wie ich sie haben will.

 

Ich laufe leichthin übers Feld

und freue mich der stillen Welt.

 

Erst übers Feld, dann durch den Wald

zu einem Hof. Und dort beschallt

 

ein Lautsprecher den Gänsestall:

George Michael singt, es weht der Schall

 

„Club Tropicana“ übers Land.

Die Gänse wiegen sich charmant.

 

Das Lied läuft noch ein Stückchen mit,

wird langsam leiser Schritt für Schritt.

 

Ein sehr allmähliches Fade out:

Kein schöner Land ganz ohne Laut.

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