Gernhardt-Gedenken in Göttingen

Heute vor zehn Jahren ist Robert Gernhardt gestorben. Einer meiner liebsten Reime des nicht nur in Reimangelegenheiten ziemlich unerreichbaren Dichters ist der gleich zu Beginn des Gedichts „Nachdem er durch Metzingen gegangen war“:

„Dich will ich loben: Häßliches,

du hast so was Verläßliches.“

An diesen Geniestreich mußte ich denken, als mir auf Umwegen folgende Fotos aus Göttingen zugespielt wurden:

Gernhardt 1

Gernhardt verbrachte große Teile seiner Kindheit und Jugend in Göttingen, weshalb die Stadt ihn vor ein paar Jahren mit einem eigenen Platz ehren zu müssen meinte bzw. sich selbst damit schmücken zu dürfen glaubte. Und das tat sie, wie Christoph Dresslers Fotos belegen, mit feinem Gespür dafür, welche Ecke besonders gut zu Gernhardts Werk passen könnte.

Gernhardt 2

Nicht zu seinem Gesamtwerk, sondern zu eben jenem Gedicht, das ich für meine Zwecke vorübergehend umtaufen möchte:

 

Nachdem er durch Göttingen gegangen war

 

Dich will ich loben: Häßliches,

du hast so was Verläßliches.

 

Das Schöne schwindet, scheidet, flieht –

fast tut es weh, wenn man es sieht.

 

Wer Schönes anschaut, spürt die Zeit,

und Zeit meint stets: Bald ist´s soweit.

 

Das Schöne gibt uns Grund zur Trauer.

Das Häßliche erfreut durch Dauer.

 

(aus Robert Gernhardt, Gesammelte Gedichte,  S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.