Truckspotting (5)

Truckspotting: Diesen Spleen haben wir uns, wie schon mehrfach erwähnt, als pandemische Draußenrumsteher zugezogen, Bademeister Matthias, Trauma-Anne und ich. Aber keiner zückt das Handy schneller, wenn es attraktive Trucks zu fotografieren gibt, als eben jene Anne Janzen. Diesen schönen Lastwagen hat sie vor der „Bar Italia“ gespottet:Den hier trotz Regens:

Und den schön in der Kurve:

Wer ganz nah ranzoomt an den Frick-Truck, erkennt: Sein Fahrer heißt Bernie. Sei gegrüßt.

Wie ich ausnahmsweise einmal schlagfertig war

Weiter unten („Or whatever“) habe ich beschrieben, wie ich leider wieder einmal nicht so schlagfertig war, wie ich gerne wäre. Die wirklich guten, schlagenden Antworten fallen mir immer erst später, allein, ein.

Einmal aber war es anders.  Wir machten Urlaub in einer Wohnung in Apulien. Eines Abends äußerte ich Frau A. gegenüber die Befürchtung, aus Versehen das Wasser aus der Plastikflasche getrunken zu haben, in der bis kurz vorher eine Rose gestanden hatte. Sie war ein Andenken an die Hochzeit, die wir als Augenzeugen in dem Städtchen Pescici erlebt hatten. Als die Rose hinüber war, entsorgten wir sie, ließen die Plastikflasche samt Blumenwasser aber stehen.

Frau A. fragte mich, wie ich mich jetzt fühle, nachdem ich möglicherweise das Wasser aus der Flasche getrunken hatte, in der bis kurz vorher die Rose gestanden hatte. Und dann kam meine gar nicht mal so unschlagfertige Antwort. Sie lautete:

„Etwas blümerant.“

Am nächsten Morgen sprachen wir nochmal über diesen Dialog, auf den ich, wie ich finde, zurecht ein wenig stolz war. Und Frau A. gestand, diesen, wie ich finde, ziemlich schlagfertigen Witz erst jetzt verstanden zu haben.

P.S. Ich weiß, daß das Wort „blümerant“ ethymologisch betrachtet nichts mit Blumen zu tun hat. Für die Güte des Witzes ist das aber unerheblich. Wie ich finde.

Vergangener Humor

Daß einem der Appetit vergehen kann angesichts von Unbill, ist klar.  Der Humor auch? Offenbar schon. Die ´Süddeutsche Zeitung´ hat den für seinen Witz bekannten Schriftsteller Andrej Kurkow zum Krieg in der Ukraine befragt. Kurkow wurde in Sankt Petersburg geboren, wuchs in Kiew auf und lebt zur Zeit in der Westukraine. Das Interview endet so:

SZ: Was ist vom Humoristen Andrej Kurkow geblieben?

AK: Ich habe keinen Humor mehr.

SZ: Hat der Humor eine Chance, wiederzukehren?

AK: Ich hoffe es, aber ich weiß es nicht.

Hader schaut weg

Bei meinem letzten Wien-Besuch traf ich den Fotografen  Sepp Dreissinger, um ihm einen Original-Abzug seines berühmten Porträts von Thomas Bernhard im Bräunerhof abzukaufen. Der ist  jetzt geschmackvollst gerahmt in der Kreuzberger „Bar Italia“ zu bestaunen.

Dreissinger fragte mich, ob ich Lust hätte, für ein gerade entstehendes Buch einen Text zu einem seiner Fotos  beizusteuern. Hatte ich. Noch in Wien schrieb ich ihn. Dem Auftraggeber aber paßte der Text nicht so recht und er bat mich um einen neuen zu einem anderen Foto. Und so schrieb ich einen neuen Text zu einem Porträt von Harry Rowohlt. Der ward dann auch akzeptiert.

Die erste Bildbeschreibung aber war, wie ich finde, auch nicht so schlecht, zumindest zu schad für die Mülltonne. Oder?

Schaut doch bitte mal auf den Text über den Hader, der wegschaut. Beide Fotos verwende ich mit besonders freundlicher Genehmigung von Sepp Dreissinger.

Hader schaut weg

Schaut, der Hader schaut nach unten. Tut man nicht als Porträtierter. Sowas tut man an sich nicht.

Was hat sein Blick zu suchen dort unten? Was hat sein Blick dort unten gefunden? Ich weiß es, aber sags noch nicht.

Erstmal schauen wir den Hader. Sieht ganz anders aus als früher. Früher war der Hader runder. Brille rund und Züge weicher. Heute härter. Oder nicht mehr ganz so weich. Oder vielmehr eckiger, das Gesicht und auch die Brille und der ganz Haderkopf, wenn nicht gar das Haderhaupt. Haderhaupt hier Hilfsausdruck.

Wenn der Hader Brenner spielt, denke ich an den Ventura. Sein Kopf hat was von dem Ventura. Aber warum senkt er ihn? Warum schaut der Hader weg? Warum muß der Hader wegschaun?

Schaut, denn jetzt sag ich es euch. Erst schaut Hader seine Schuhe und dann denkt der Hader sich:

Nicht so gut die Haderschuhe wie die Thomas-Bernhard-Schuhe auf dem Bild vom Dreissinger, wo der Bernhard sitzt am Graben und die Kinder hinter ihm, die bemerkt der Bernhard nicht.

Schaut euch diese Schuhe an, die glänzen uns richtig entgegen, schon fast obszön glänzen die, sowas von poliert sind die. Schuhe warn dem Bernhard wichtig. Denkt der Josef Hader sich. Schlechte Schuhe tat er hassen, hat darüber auch geschrieben. Welches Buch war das nochmal? Doch das weiß der Hader nicht.

Deshalb schaut der Hader nach, auf dem Haderhandy nach. Hält das Haderhandy zwischen Haderhaupt (Hilfausdruck) und die vorhin schon erwähnten nicht so guten Haderschuhe und gibt dann bei Google ein:

„Thomas Bernhard schlechte Schuhe“.

Doch der Google tuts nicht wissen. Das ist ganz beruhigend, daß der Google auch nicht weiß, was der Hader auch nicht weiß.

Muß also einer mal so richtig zum Regal gehn, Bücher greifen in echt, blättern und die Stelle suchen. Und die Stelle endlich finden, wo der Thomas Bernhard schreibt über Seiten die Tirade von den schlechten Schuhen, die, so in etwa schreibt er nämlich, nur viel länger schreibt er nämlich, eine Weltgemeinheit sind.

Und danach dann kann es einer auch dem Josef Hader sagen, wo nochmal die Stelle ist. Und dann kann der Haderjosef schließlich seinen Blick aufheben. Und dann kann der Hader wieder schauen wie der Hader schaut.

Schauen kann er gut, der Hader. Wenn er schaut, dann kwasi Schauspiel. Wenn der Hader lächelt, auch. Dieses Haderlächeln lächelt, das schwer zu beschreiben ist. Doch ich muß es nicht beschreiben, weil es nicht zu sehen ist. Denn hier schaut der Hader weg.

Was schön ist (11)

Während weiter östlich der Krieg wütet, dauerläufst du durch den Fläming, um der Lähmung zu entkommen, die Normalität zu beschützen, neben dir dein Sohn, der seine Turnschuhe vergessen hat, begleitet dich auf dem Rad, fährt freihändig und beginnt auf freiem Feld inbrünstig John Lennons „Imagine“ zu singen, above us only sky.

Fromme Wünsche

Komm, lieber Gott, und mache
die Erde wieder schön,
denn Haß, Neid, Gier und Rache
sind nicht mitanzusehn.

Komm, lieber Gott, und schalte
dich mal hier unten ein.
Sei tatkräftig und walte
– wir schaffens nicht allein.

Komm, lieber Gott, und heile
die Kranken auf der Welt
und anschließend verteile
gerecht Brot, Wasser, Geld.

Komm, lieber Gott, und schütze
die zart sind, schwach und klein.
Gib denen auf die Mütze,
die roh sind und gemein.

Komm, lieber Gott, und mache,
daß alle Welt sich liebt.
Und dann noch eine Sache:
Mach auch, daß es dich gibt.

Mein All