Der Vater weckt die Tochter gackernd.
Tochter (im Halbschlaf): Wir haben Ostern, nicht Hühnerfest, Papa.
Der Vater weckt die Tochter gackernd.
Tochter (im Halbschlaf): Wir haben Ostern, nicht Hühnerfest, Papa.
Hunde, die auf Skateboards fahren:
Im November sah ich einen auf dem Gleisdreieck: Boxer, Mops, Pitbull – irgendetwas in der Art. Ich kenne mich da nicht so aus. Der Hund jedenfalls hatte die Vorderpfoten auf dem Board, die Hinterpfoten auf dem Asphalt. So nahm er bellend Anlauf, dann die Hinterpfoten mit aufs Brett, um fast lautlos zu gleiten. Nach einer Weile: die Hinterpfoten wieder runter und bellend von vorn. Zum Gaudium aller Passanten.
Heute nun wieder so ein Hund mit Spezial-Begabung. Bei ihm aber verhielt es sich andersrum: Er nahm lautlos Anschwung und bellte euphorisch während des Gleitens.
Alles andere als lustig sind die Mißbrauchs-Fälle in der katholischen Kirche, mit denen sich heute auch die ´Süddeutsche Zeitung´ wieder beschäftigt hat. Als ich aber las, daß jetzt ein Kölner Kardinal namens
Rainer Maria Woelki
zwei Weihbischöfe namens
Dominikus Schwaderlapp
und
Ansgar Puff
wegen mangelnder Bereitschaft zur Aufklärung der Vergehen beurlaubt hat, konnte ich mich des Anflugs eines Hauchs von Lächeln in meinen Mundwinkeln nicht erwehren. Was für eine Dreifaltigkeit von vor Bildhaftigkeit zum Himmel jauchzenden Namen, die so frohhlockend ausgedacht klingen, daß keine Leserin sie einem Autor je durchgehen ließe! Was auch Freude bereiten kann: die drei Vornamen mit den jeweils anderen Nachnamen zu kombinieren. Das empfiehlt Euch fürs erste
– Euer Sankt Schwaderlapp
P.S. Und fürs zweite: niemals nicht am Kölner Dom vorbeizugehn, ohne zumindest einen kurzen Blick auf das von Gerhard Richter gestaltete Kirchenfenster und dessen zuverlässig trostreiche Lichtspiele zu werfen.
(Foto: Geolina163, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
P.P.S. Ich wollte dem Schriftsteller Eckhard Henscheid eine Freude machen und erzählte ihm am Telefon von den prachtvollen Namens-Funden. Er freute sich auch, glaubte sich aber zu erinnern, sowohl Dominikus Schwaderlapp als auch Ansgar Puff schon vor einigen Jahren für die Ewigkeit aufgehoben zu haben, nämlich in seinem und Michl Göllings Buch „100 Namen die uns zwei gefallen“, das ich hier früher mal gepriesen habe. Henscheid jedenfalls erinnerte sich richtig. Dieser großkopfige Mann hat zwar kein Internet, kriegt aber trotzdem alles mit und merkt sich auch alles.
Weil ich in einem früheren Leben am Rhein mal Germanistik studiert habe, kursiert in meiner engeren wie weiteren Familie der niedliche Gag, ich sei von Beruf „deutscher Germanistiker“. Dies muß man wissen, um folgenden Dialog von neulich im Flur zu verstehen:
Sohn: Wie fändest du es, wenn ich später auch mal deutscher Germanistiker würde?
Vater: Das würde mich freuen.
Sohn: Und hättest du keine Angst, daß du dann in meinem Schatten versauerst?
Vater: Nö. Ich war 52 Jahr in der Sonne. Das muß reichen.
Sohn: Das, was du für die Sonne hältst, ist das Licht der Taschenlampe, die zwischen meinen Arschbacken klemmt.
Ich war besiegt – und ein bißchen stolz auf den Sohn, dessen leuchtende Metapher mir eines deutschen Germanistikers wahrhaft würdig erscheint.
Es war eher kalt,
der Mann nicht mehr jung,
sein Buch nicht mehr neu,
dafür ganz schön dick.
Und so hockte der nicht mehr junge Mann bei uns im Hof, saß fast auf den Fersen, lehnte mit dem Rücken an der Hauswand, las in dem nicht mehr neuen, dafür ganz schön dicken Buch und ließ sich von uns, die wir ihn passierten und dachten, ein Bild wie von Spitzweg, nicht stören.
Zu Ehren eines ehrenwerten Berufsstandes, der Friseure nämlich, die kein Internetz ersetzen kann und die morgen ihre Salons wieder öffnen dürfen, möchte ich an einen Herrn erinnern, der in meinem Leben am Rhein eine kleine, aber nicht unwichtige Rolle spielte. In Wirklichkeit hieß er etwas anders als in der folgenden Geschichte. Den fiktiven Namen habe ich mir bei meinem Lieblings-Märchen der Brüder Grimm ausgeliehen:
Der Herr Korbes
In der alten Zeit hatte ich einen Friseur, der hieß Herr Korbes. Er ging seinem Handwerk in einem Salon nach, in dem Damen und Herren die Haare geschnitten und gemacht wurden. Bei der Arbeit trug er einen gestärkten, weißen, kurzärmligen Kittel, in dessen linker Brusttasche sich ein Kamm und eine Schere befanden.
Wenn ich mich auf einen der Wartestühle setzte, grüßte mich der Herr Korbes mit einem Nicken über den Kopf des Kunden hinweg, um den er sich gerade kümmerte. Sobald er fertig war, bat er mich zu seinem Arbeitsplatz.
Der Herr Korbes wußte, was er zu tun hatte. Er tat es mit großer Sorgfalt, aber ohne viel Worte zu machen. Seine Miene war schwer zu deuten: stillvergnügt oder vielleicht eine Spur mißmutig?
Auf alles war Verlaß beim Herrn Korbes. Immer, immer wenn er ein gutes Weilchen gekämmt und geschnitten hatte, sagte er mit dem Anflug eines Lächelns:
„So. Jetzt haben wir wieder ein bißchen Luft auf dem Kopf, nicht wahr?“
Und ich bestätigte jedes Mal, jedes Mal präzise im selben Wortlaut:
„Genau.“
Schließlich schrieb der Herr Korbes eigenhändig die Rechnung. Der notierte Betrag war nicht zu hoch und nicht zu niedrig. Er entsprach exakt der erbrachten Leistung. Der Herr Korbes half mir wieder in die Jacke und verabschiedete mich.
So ging das jahraus, jahrein. Der Herr Korbes trat dann kürzer und arbeitete nurmehr donnerstags. Ich hielt ihm die Treue, bis ich eines traurigen Tages zum Städtele hinaus mußte. Einen wie ihn habe ich nicht wieder gefunden.
Das hier schrieb ich hier vor mehr als sechs Jahren:
„Das An- und Abschwellen der Kleingeld-Menge in einem Portemonnaie und die sehr seltenen Momente, in denen sich kein einziger Cent mehr im Münzfach befindet, allenfalls noch der Chip für die Einkaufswagen: Wie oft kommen sie vor?
In meinem Fall vielleicht ein- oder zweimal im Jahr. Und das, obwohl ich mich stets bemühe, die Anzahl an Münzen in meinem Portemonnaie gering zu halten.
Wie wohl mag es anderen Menschen ergehen? Kommen sie häufiger als ich in den Genuß einer von Münzen völlig unbeschwerten Börse? Oder empfinden sie diesen Zustand vielleicht gar nicht als erstrebenswert? Unterscheiden sich Frauen und Männer in ihrem Kleingeld-Verhalten? Wer weiß eine Antwort?“
Immerhin habe ich jetzt eine Antwort auf die Frage, wie oft diese sehr seltenen Momente vorkommen: vermutlich noch seltener als angenommen. Als ich nämlich gestern den allerletzten Cent zum Bezahlen einer Laugenstange auf die Bäckerstheke legte, fiel mir auf, daß mein Münzfach schon extrem lange nicht mehr komplett leer gewesen ist. Vielleicht sogar seit diesem Eintrag vor gut sechs Jahren. Das würde bedeuten, daß es sich bei den sehr seltenen in Wirklichkeit um äußerst seltene Momente handelt.
Vor ein paar Monaten war ich nach Hamburg eingeladen, zu einer Lesung in der „Patriotischen Gesellschaft“. Klingt heute vielleicht verdächtig, ist aber eine altehrwürdige Einrichtung.
Ich fuhr mit dem Zug und hörte unterwegs mittels Ipod Musik im Zufalls-Modus. Und der Zufall wollte es, daß schon als zweites oder drittes Stück
„Zieh dein Hemd aus, Moses“
lief. Ein großartiges Lied der Hamburger Band „Kid Kopphausen“ mit maritimem Thema. Ich freue mich, daß mein Ipod weiß, wohin ich fahre.
Auf dem Weg vom Bahnhof zum Hotel unterquerte ich eine Brücke mit einem Graffito, das ich, wie mir dann wieder einfiel, schon von früheren Besuchen hier kannte:
Am Tag nach der Lesung, zu der ausschließlich warmherzige, aufgeschlossene Hamburgerinnen und Hamburger erschienen waren, kaufte ich seemännische Souvenirs für die Familie: einen Anker als Schlüsselanhänger für die Tochter, im Gedenken an Freddy Quinn eine Mundharmonika für den Jungen und für die Frau einen Beutel mit Seemannsknotenmuster, der sich, wie ich beim genaueren Hinschauen feststellte,
„Moses Shopper“
nennt. Auf dem Nachhauseweg durch Kreuzberg dachte ich über diese drei Zufälle nach, passierte das Yorck-Kino und sah im Schaukasten ein Plakat für den Film
„Milla meets Moses“.
Haut mich, aber so wars. Wars ein alttestamentarischer Gott, der mir ein Zeichen senden wollte? Sagt Ihr es mir?
Mit das Schönste: sich niederzulassen auf dem Sofa zur Siesta in dem Wissen, noch´n bißchen lesen dürfen und dann´n bißchen schlummern.
Mit das Schlimmste: wieder aufwachen und zurückfinden müssen in den Tag.