Es tut immer ein bißchen weh, wenn gute Menschen die Stadt verlassen – wiewohl ich verstehen kann, daß es Peter an den Rhein zieht, denn die Liebe ist ein unschlagbares Argument. Umzüge sind traditionell eine günstige Gelegenheit, um sich von Unliebsamem zu trennen. Umso mehr freue ich mich, daß meine Bücher auch in Peters streng alphabetisch sortiertem Düsseldorfer Regal einen Platz gefunden haben:
Lektionen (10)
„Mittlerweile mag ich die Zeit. Denn ohne die Zeit würde sich nichts ändern.“
(Richard Gere, Was ich gern früher gewusst hätte)
*
Von Zeit zu Zeit
Wie schrecklich, daß die Zeit vergeht
und nichts bleibt, wie es ist.
Wie schröcklich, daß die Zeit vergeht
und nichts bleibt, wie es ist.
Wie tröcklich, daß die Zeit vergeht
und nichts bleibt, wie es ist.
Wie tröstlich, daß die Zeit vergeht
und nichts bleibt, wie es ist.
So möchte ich sterben
Vor ein paar Tagen hat Alexander Menden in der ´Süddeutschen´ einen feinen, sehr ahnungsreichen Text über Helge Schneider veröffentlicht. Darin beschreibt er auch einen aktuellen Auftritt des Großkünstlers, der eine – wie immer – sicher nicht geplante, dafür umso unerhörtere Offenbarung bereithielt:
„In seiner Osnabrücker Show, Tee-Servierer Bodo hat ihm gerade eine Tasse gereicht, erstarrt Schneider in einer typischen Helge-Pose: leicht vorgebeugt, die Nase gerümpft, den Mund offen, das Kinn vorgeschoben. So steht er ein paar Sekunden, die sich länger anfühlen. Dann sagt er: ´So möchte ich sterben, mit 103, auf der Bühne.´ Pause. ´Ohne umzufallen.´“
Ein so komisches wie glorreiches Ende wollen wir ihm wünschen, denn wer hätte es verdient, wenn nicht der heilige Helge.
Kühe (8)
Kartoffel vs. Leberwurst
Als Ror Wolf im April 1977 nach Berlin reiste, notierte er in sein Tagebuch:
„Diese Stadt ist noch provinzieller großschnäuziger trostloser als früher. Ein durchgehend geöffnetes Krematorium. Eine breitgedrückte kalte große Kartoffel.“
Ich mag solche maß- und letztlich haltlosen Städte-Beleidigungen à la Thomas Bernhard. Und diese hier finde ich auch sehr komisch. Sie erinnert mich an einen Zweizeiler von Helge Schneider, den ich vermutlich mal bei einem seiner Auftritte in Berlin aufgeschnappt habe:
„Berlin Berlin, du schöne Stadt,
halb Leberwurst, halb Wien.“
Obwohl die Leberwurst es nahelegt, handelt es sich hier weniger um eine Beleidigung als um eine ziemlich zutreffende metaphorische Beschreibung.
Denn Berlin hat eine sehr repräsentative, fast prachtvolle Seite, also eine wienerische, nur nicht ganz so krass prachtvoll. Und eben eine prollig leberwurst-artige.
Leberwurst und Wien fügen sich je hälftig zu einer im Großen und Ganzen vielleicht nicht liebens-, aber doch lebenswerten Stadt, die von oben möglicherweise wie eine breitgedrückte große Kartoffel aussieht.
Wollen wir es so zusammenfassen und stehenlassen?
Ja, wollen wir.
Zwischen Frisch und Haslam
Wenn Barmann Alex ausnahmsweise mal frei hat, dann hat er auch Zeit, seine auf das Wesentliche reduzierte Bibliothek zu sortieren und einen für mich wichtigen Einblick zu dokumentieren:Wolf Haas wohnt in fast unmittelbarer Nachbarschaft, der Weg in Nachtlubs ist nicht weit und auf dem Umschlag meines Miniaturromans befindet sich – wie es sich für das Exemplar eines Baristas gehört – ein feiner Kaffeefleck. Gefällt mir!
Zementmischer (20)
Das Töchterchen, das recht eigentlich inzwischen eine Tochter ist, zumal seit seinem bzw. ihrem 16. Geburtstag vor wenigen Tagen, schickt mir aus Nizza Fotos, die die vermutlich wildromantischste Baustelle der Welt zeigen. Dieses hier von oben:Und dieses von der Seite:
Und im dazugehörigen Kurzvideo hört und sieht man den Zementmischer sogar bei der Arbeit. N´est-ce pas fantastique?!:
Kontrafaktische Poesie
Auf der Suche nach Pia
Ich besitze ein Dokument von derzeit 1098 Seiten, in dem ich Beobachtungen, Begebenheiten und Einfälle notiere, die ich für bemerkenswert halte. Freudvoll ist es, gelegentlich darin zu stöbern und dann zu staunen, was man in den letzten Jahren so alles beobachtet, erlebt und gedacht hat – und oft gleich wieder vergessen. Als sehr wertvoll hat sich auch schon die „Such“-Funktion dieser Datei erwiesen. Vorgestern zum Beispiel suchte ich einen Eintrag zu einer Bekannten namens Pia. Auf dem Weg zur richtigen Pia-Notiz zeigte mir der Rechner viele interessante Fundstücke an:
Pianist
Olympypiastadion
die Schauspielerin Pia Hierzegger, die ich aber nicht suchte
das von einem Bekannten in einer Email verwendete Adjektiv
posttrumpianisch
schließlich die italienischen Wörter
piacere
und
piazza
Dann war ich am Ziel: dem richtigen Eintrag zur richtigen Pia.
Schwer zu besetzen
Falls wer, warum auch immer, auf die Idee kommt, mein Leben zu verfilmen: Bitte beim Casting unbedingt darauf achten, daß der Hauptdarsteller auf Kommando 17 bis 24 mal hinter einander niesen kann – so wie ich es morgens nach dem Zähneputzen häufig tue. Nicht daß ich mir groß was drauf einbilde. Vermutlich aber ist das nicht ganz leicht zu spielen.