Barbra und Robert. Robert und Barbra.

Robert Redford zu Ehren zeigt das Babylon-Kino in Berlin-Mitte gerade eine Retrospektive ausgewählter Filme.

Am Mittwoch sah ich – erstmals – „The Way We Were“ aus dem Jahr 1973 mit Robert Redford und Barbra Streisand in den Hauptrollen, Regie: Sydney Pollack.

Der Film hat mich schier umgenietet.  Robert Redford sieht und sah ja immer gut aus. Aber hier sieht er schon unglaublich gut aus: in weißer Uniform an der Theke, mit nacktem Oberkörper joggend am Strand: auch 52 Jahre nach Veröffentlichung des Films, am Mittwoch, juchzte vor allem, aber nicht nur das weibliche Publikum vor Begeisterung. Allein: Er sieht nicht nur unglaublich gut aus, er bewegt sich so lässig, er schaut so interessant und nicht immer ergründlich. Kein oberflächlicher Schönling, ein Mann mit Tiefe und Substanz, früher sagte man: mit Klasse.

Und Barbra Streisand neben ihm nicht minder grandios: Ihr Spiel, ihre Blicke schnitten mir ins Herz und machten mich lachen. Und dann singt sie auch noch – Überfülle des Talents – den wunderbaren Titelsong .

Streisand und Redford: mit wieviel Hingabe und Innigkeit und Schattierungsreichtum sie sich hier begegnen und letztlich verpassen.

Der Film ergriff mich auch deshalb so, weil Robert Redford wider Erwarten doch sterblich war, weil diese Blütezeit des amerikanischen Kinos vermutlich vorüber ist, weil das von Streisand und Redford verkörperte gute Amerika so fragil geworden ist.

Memories
May be beautiful and yet
What′s too painful to remember
We simply choose to forget

So it’s the laughter
We will remember
Whenever we remember
The way we were
The way we were

Lieblings-Buchhandlung

Wenn ich an Städte denke, denke ich an Buchhandlungen: in Wien an die Buchhandlung „phil“, in Köln an die Buchhandlung Klaus Bittner und in Bonn an den „buchLaden 46“.

Hier kaufte ich mein erstes Geschenk für Frau A.:

In Max Goldts Buch gibt es einen Witz, der mit den Wörtern „Quitten“ und „Quittung“ spielt. Deshalb freute ich mich damals, am 5. Mai 1993, besonders, daß mir einer der beiden Buchhändler, Klaus oder Holger, eine Quittung ausstellte, auf der „Quitten“ stand.

Der „buchLaden 46“ ist eine Buchhandlung mit besonders schönen Räumen, besonders guter Auswahl und besonders netten Verkäufern, die dir, wenn du Glück hast und lieb bist, besonders geschmackvolle Beutel schenken. Diesen hier

bekam ich vor einzwei Jahren bei einem Besuch in Bonn von Inhaber Holger  geschenkt und halte ihn seither in Ehren.

Diesen hier

bekam gerade Freund Andreas feierlich überreicht, auch deshalb, weil er vor einer Woche zum 50jährigen Bestehen der Buchhandlung ebenda musizierte.

Wie wunderbar, daß es so gute und geistvolle Orte noch gibt. Lange und hoch sollen sie leben!

Kimmel, Colbert und Co

Die us-amerikanische Unterhaltungskultur liebe und verehre ich für ihre Intelligenz, ihren Witz, ihre Hingabe. Ernsthaftigkeit bei gleichzeitiger Leichtigkeit.

Das Kennedy-Center und seine liebevollen Feiern der Kultur und des Entertainment, die Late-Night-Shows des großartigen Steven Colbert und seines Kollegen Jimmy Kimmel – Haltung und Helligkeit und Schnelligkeit wird unter unser aller Augen gerade geschleift und geschreddert.  Nackenschläge sonder Zahl.

Nicht viel fällt mir dazu ein. Höchstens Hannah Arendts Satz

„Es ist ein Fluch, in interessanten Zeiten zu leben.“

Und:

Auch in seinem neuen, abermals uniquen Buch „Himmelsfahrten“ erwähnt Thomas Kapielski, weil man es nicht oft genug tun kann, den „Test by ridicule“ des Earl of Shaftesbury, eine Probe, auf die man jede Ideologie, jedes System, jede Herrschaft stellen sollte, nämlich auf die des Spottes:

„Der Spott sei Test (´test by ridicule´) und Arznei wider den Fanatismus! Wo eine Gesinnung auf dem Probierstein des Spottes cholerisch anspringt, da stehe es ganz übel. Dabei leugnet Shaftesbury keineswegs die Aufrichtigkeit echter religiöser Gesinnung, denn diese, so Shaftesbury, würde Spott, sogar Hohn, immer mild lächelnd ertragen. Geschwollene Würde aber, die sich von vornherein gegen Kritik abzuschirmen trachte, sei Betrug; alle Unaufrichtigkeit fürchte nichts mehr als Scherz und Humor.“

Schöne Maßeinheiten

Im Zuge der neulichen Lektüre von „Der alte Mann und das Meer“ habe ich gelernt, daß die nautische Maßeinheit „Faden“ sechs Fuß oder 182,88 Zentimetern entspricht, fast exakt meiner derzeitigen Körpergröße. Ich bin also ziemlich genau ein Faden hoch bzw. tief bzw. groß.

Ein Gedicht zum Thema habe ich vor einigen Jahren auch schon geschrieben:

Einmeterzweiundachtzig

I.

Ich senke den Blick

in die glänzende Schwärze

meiner Schuhe,

um kopfüber

darin

zu verschwinden.

 

II.

Hier oben ist mein Kopf,

da unten ist mein Fuß.

Er scheint mir etwas fremd,

ich schick ihm einen Gruß.

Der Fuß grüßt mich zurück,

erzählt mir meine Hand.

Ich glaub, mein Fuß und ich,

wir sind jetzt gut bekannt.

Zementmischer (23)

Bevor der Herbst endgültig das Regiment übernimmt, hier schnell noch die letzten Mitbringsel aus dem sommerlichen Italien.

Wie immer waren wir auf der Suche nach besonders malerischen Zementmischern, die aber gar nicht so leicht zu finden sind. In Orbetello entdeckte Tochter Elisabeth ein Indoor-Exemplar, das sie sicherheitshalber sofort dokumentierte:

In Arezzo dann waren wir eigentlich auf den Spuren Piero della Francescas unterwegs – und wurden schon auf dem Weg in die Altstadt mit diesem erlesenen Fundstück belohnt:

Zu schön

Kann es sein, bella Italia,

daß du manchmal,

zum Beispiel heute,

und mancherorts,

zum Beispiel in Campiglia,

etwas übertreibst:

 

mit der Bettwäsche,

duftend aufgespannt zwischen den Häusern,

mit den Fensterläden,

türkis, leuchtend gelb oder ochsenblutrot gestrichen,

mit dem Kätzlein,

das sich wälzt in einem Rechteck aus Sonne,

mit der Ape,

die sein Besitzer abgestellt hat vor blühender Bruchsteinwand,

mit dem Mann,

der in offenem Hemd auf der Stufe sitzt, rauchend, Zeitung lesend,

den Blick hebend und grüßend

die Frau auf der Vespa,

deren Kleid leicht vom Wind bewegt wird

unterm unverschämt blauen Himmel?

 

Also nochmal, bella Italia:

Kann es sein,

daß du an solchen Tagen,

an solchen Orten

übertreibst mit der Schönheit,

um dich selbst zu übertreffen,

dich, wie du im Bilderbuche stehst?

 

Bella Italia, gibs doch einfach mal zu!

Zwei Wiedehopfe

Ihr Lieblingsplatz war die Wiese

unter der Feige am Haus meiner Schwester.

Dort saßen sie und pickten,

immer zu zweit,

immer neben einander,

der linke und der rechte Wiedehopf.

Wenn sie sich erschraken

über Menschen, über Autos,

propellerten sie schnell in die Höhe,

fast gleichzeitig,

der rechte und der linke Wiedehopf.

 

Eines schönen Morgens

sahen wir einen der beiden

auf der Stromleitung sitzen,

im Gegenlicht, sehr pittoresk im Profil.

Wir fragten uns,

noch scherzhaft,

ist es der linke oder der rechte der beiden Wiedehopfe?

 

Nachmittags dann schon wieder:

nur einer der beiden

schaute uns beim Baden zu.

 

Abends schließlich,

als wir aßen

und er abermals

ganz in unserer Nähe saß,

der rechte oder der linke Wiedehopf,

ging uns auf:

Er ist allein.

Einer von beiden fehlt,

entweder der linke oder der rechte,

warum auch immer.

 

Der übrig war,

dauerte uns.

Meine Schwester fragte den Wiedehopf:

Bist du einsam?

(Foto: Andreas Günther)

Ottos mops revisited

Entschuldigt bitte die leichte Verspätung, denn eigentlich hat Ernst Jandl seinen bzw. haben wir seinen 100. Geburtstag schon vor 11 Tagen gefeiert.

Aber eben erst mit leichter Verspätung kam mir die Idee, seinem berühmtesten Gedicht – „ottos mops“ – eine Katzen-Variation gegenüberzustellen.

Here we go:

 

karlas katz

 

karlas katz ratzt

karla: wach katz wach

karlas katz macht satz

karla: jaja

 

karlas katz jagt spatz

spatzhatz macht karlas katz spaß

karlas katz schaffts

karla klagt

karlas katz schmatzt

 

karlas katz hat platz: matratz

spatz macht rabatz

karlas katz macht fratz

karlas katz kotzt

karla: arma schatz