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Kunst aus Kuchen

Kollegin Christine spendierte Kuchen. Ich bat sie um ein kleines Stück. Sie schnitt eins ab und bugsierte es auf meinem riesigen Pappteller. Dort lag es dann – und sah, wie wir beide begeistert feststellten, extrem unappetitlich aus. So begeistert, daß wir es stante pede dokumentierten:

Nur wenig später aber, ich mümmelte noch den schmackhaften Kuchen, schickte Christine mir den Beweis, daß sie auch aus visueller Scheiße Gold bzw. aus Kuchen Kunst machen kann. Siehe, hurra!, hier:

Wiglafs Wigwam (10)

Heute vor einem Jahr starb Wiglaf Droste,

neben vielem anderen ein großer Freund des  frühen Morgens:

„Jetzt erst mal, und auch das ist ein Großglück,

Kaffeedüfte und Brötchen, ha!, Frühstück!

Nur eins mach ich nicht, und zwar: mir Sorgen.

Denn es ist Morgen.“

(Wiglaf Droste, „Tisch und Bett“, S. 245)

Truckspotting

Noch dürfen wir ja morgens nicht in der „Bar Italia“ sitzen, sondern müssen davor stehen. Und so gruppieren Bademeister Matthias, Trauma-Anne und ich uns mit Kaffeebechern in der Hand rund um den Stromkasten auf dem Bürgersteig vor der Bar, plaudern, schweigen und überwachen die vielbefahrene Kreuzung Mehringdamm/Kreuzbergstraße. Daraus ergab sich ein neues Hobby, „Truckspotting“.  Wir machen uns gegenseitig auf besonders schöne, weil schlicht beschriftete Lastwagen aufmerksam. Unser bisheriger Favorit ist ein Fahrzeug der Speditionsfirma HANSETRANS, nicht zuletzt auch deswegen, weil es mich an den lustigen Schüttelreim von Harry Rowohlt erinnert:

„Den Umzug plant die Transe Hans

Stets mit der Firma HANSETRANS.“

Gestern nun aber erregte ein leuchtend gelber Lastwagen des Umzugsunternehmens ITO erst unsere Aufmerksamkeit, dann auch Begeisterung. Schwarz auf gelb nämlich waren auf ihm die Orte verzeichnet, in denen die Firma offenbar Filialen unterhält. Die linke Spalte war noch eher unauffällig:

Bremen

Hamburg

Kaiserslautern

Frankfurt

Köln

München

Berlin

In der zweiten aber ging  es dann spektakulär weiter:

Rostock

Koblenz

El Paso

Washington

Wichita Falls

Alamogorda

Phoenix

Was uns begeisterte, war erstens die reine Vielzahl der Ortsnamen und zweitens die Mischung aus Weltstädten (Berlin, Washington), Provinzgemeinden (Kaiserslautern, Koblenz) und exotisch klingenden (El Paso, Wichita Falls, Phoenix) oder zumindest mir völlig unbekannten Destinationen (Alamagorda).  All das fügte sich zu einem fast lyrischen Namens-Zauber, der mich an Peter Handkes Gedicht „Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27. 1. 1968“ denken ließ:

WABRA

LEUPOLD      POPP

LUDWIG MÜLLER   WENAUER   BLANKENBURG

STAREK   STREHL   BRUNGS   HEINZ MÜLLER   VOLKERT

Spielbeginn:

15 Uhr

Vor allem über die Angabe des Spielbeginns muß und kann ich zuverlässig lachen.

Altes Gasthaus Love

An dieses Album der hier schon mehrfach gewürdigten Band „Erdmöbel“ mußte ich denken, als mir Freundin Nicole das folgende kostbare Dokument aus einem kleinen Ort in Brandenburg zukommen ließ:

Versehen mit dem Kommentar:

„Im Bestattungshaus Möse ist die Liebe unerschöpflich.“

Und wenn wir jetzt noch bedenken, daß „Erdmöbel“ angeblich ein DDR-Synonym für Sarg ist, schließt sich der Kreis aufs Schönste, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Corona ist … (2)

…, wenn am Ostersonntagmittag der Biergarten zwar geschlossen hat, der Wirt aber trotzdem anwesend ist. Gemeinsam mit drei anderen mittelalten Männern sitzt er im Kreis, auf Stühlen, mit Abstand. Alle vier trinken aus großen Gläsern mit Bier darin. Genau in der Mitte des Stuhlkreises aber steht auf dem Boden eine Bluetooth-Box, aus der der Papst zu Ostern spricht, italienisch mit deutscher Übersetzung. Vier Männer trinken Bier im Freien und hören auf den Papst. Und das alles am Rande der Hasenheide zu Berlin, einen Steinwurf entfernt von der päpstlichen Nuntiatur.