Die Welt ist ein warmer Ort.
Das Kreuzberger „Lido“ war an diesem Abend sogar ein heißer Ort. So heiß, daß der Sänger der Band „Erdmöbel“ sein Handtuch-Debüt auf der Bühne feierte. Bei der Oberbekleidung aber machte er keine Kompromisse: zitronengelber Blouson, Reißverschluß bis oben geschlossen.
Die Güte einer Band erkenne ich u. a. daran, daß ich mich beim Konzert insbesondere auf die vielen tollen neuen Songs freue, statt, wie es das Klischee will, auf die alten zu warten.
Einer der vielen tollen neuen Songs heißt „Palindrom“. Wie schön ist es, wenn der Sänger jeweils auf japanisch vorsingt und wir im Publikum korrespondierend die deutsche Übersetzung:
„Yononaka, hokahoka nanoyo –
Die Welt ist ein warmer Ort.“
Ein anderer der vielen tollen neuen Songs heißt „Das Vakuum“, und Markus Berges hat vermutlich recht, wenn er ihn als vermutlich traurigsten „Erdmöbel“-Song ever bezeichnet:
„Das Universum
ist meine große Liebe
und die Physik
verehre ich wie meine Mutter
hab sie nur kurz gekannt
sie hinterließ mir so ein warmes Gefühl
für den leeren Raum. Für das Vakuum“
Jedes Mal zieht es mir den Stecker bei „Hab sie nur kurz gekannt.“ Weil ich dann immer denke: ´Hab ihn nur kurz gekannt.´ Wer das kennt, kennt das.
Und wie schön ist es, wenn einer der vielen tollen alten Songs – „Busfahrt“ – mit der Zeile endet
„Das fiel mir ein, als ich ausstieg“,
die erst der Sänger, dann der Bassmann leiser werdend repetiert, bis das Publikum sie aufgreift und lauter werdend ad infinitum wiederholt.
So etwas passiert fast nur bei „Erdmöbel“-Konzerten. Deshalb an dieser Stelle auch spontane Liebesbekundungen zwischen Publikum und Band und Publikum.
Und wie schön ist es drittens, wenn Du unverhofft Hände auf der Schulter hast und die Stimme einer Frau im Ohr, die Dich zur „Polonaise!“ auffordert. Die ist dann, anders als in Blankenese, nicht dumpfbackig, sondern frei und lustig und eben deshalb sehr „Erdmöbel“-gemäß.