Alle Beiträge von Sankt Neff

Wie jetzt?!?!?

Freund Andreas schickt mir dieses Foto hier aus seinem Leihwagen

Bitte nicht rauchen

 versehen mit dem Frage-Ausruf:

„Wie jetzt?!?!?“

Das Satzzeichen-Massaker ist ausnahmsweise berechtigt, denn die Semantik des Appells auf dem roten Aufkleber gibt Rätsel auf an der Zahl. Hier kommen einige – und bestimmt noch nicht alle – denkbaren Deutungen. Was also will uns der Auto-Verleiher mit seinem Aufkleber sagen?

Daß wir bitte nicht rauchen sollen und das Auto bitte auch nicht vollgetankt zurückgeben? Dann bezöge sich das „bitte nicht“ sowohl auf „rauchen“ wie auch auf „vollgetankt zurückgeben“.

Vielleicht aber meint „vollgetankt“ auch gar nicht das Auto, sondern den Fahrer. Der bitte nicht rauchen und auch nicht trinken soll,  das Auto also nicht in „vollgetanktem = volltrunkenem“ Zustand zurückgeben.

Oder der Fahrer soll „bitte nicht rauchen“, das Auto jedoch sehr wohl „vollgetankt = volltrunken“ zurückgeben. Dieser Appell wäre besonders merkwürdig, weil er dem Fahrer vermittelt, nicht rauchen zu sollen, ihn aber durchaus zum Trinken ermuntert.

Möglicherweise bezieht sich das Verbot auch nur auf die Gleichzeitigkeit von Rauchen und Rückgabe. Will sagen: Der Leiher soll nicht rauchen, während er das Auto vollgetankt zurückgibt.

Schließlich: Der Fahrer soll einerseits nicht rauchen, anderseits das Auto aber trotzdem „vollgetankt = mit vollem Tank“ zurückgeben. Diese Deutung des Appells würde am besten in die Zeit passen:  Eine Bitte gepaart mit Befehl, ein Verbot gekoppelt mit Forderung.

Sankt Neffs Beitrag zur Bundestagswahl (2)

Mit ein paar Leutchen saßen wir zusammen in einem italienischen Restaurant und gaben unsere Bestellungen auf. Die Kellnerin notierte, nickte konzentriert, um dann so gekonnt wie begeistert zusammenzufassen und auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen:

„Nudeln für alle!“

Wir, die Besteller, gleichfalls begeistert,  waren uns sofort einig: Eine Partei, die mit dieser Parole anträte, täten wir sofort wählen.

Sankt Neffs Beitrag zur Bundestagswahl

„Wo sagt einer: ´Ich strebe nach Glück für meine Untertanen, nach dem rechten Maß, nach Wohlstand und Ruhe, ich suche ihnen die stabilen Bedingungen zu verschaffen, unter denen die großen Güter des Lebens – die Kunst, die Familie, die Arbeit, die Würde – gedeihen können.´ Es gilt in Europa einen Bund des Glücks zu begründen, einen Bund derjenigen, die es nicht schätzen, wenn man ihnen auf die Nerven geht, und die ihrerseits die feste Zusicherung geben, den anderen nicht auf die Nerven zu gehen!“

Das ist ein politisches Programm, das mir sehr einleuchtet. Ich fand es in Vitaliano Brancatis Roman „Leonardos Freude“ (S. 142), der 1941 veröffentlicht wurde und auch sonst lesenswert und lustig ist.

Ratet mal,

liebe Jungautorinnnen Alina Herbing, Juliana Kálnay, Maren Kames und Kathrin Bach, die Ihr zur gleichen Zeit am Literaturinstitut Hildesheim studiert habt und neulich

„in einer großen Altbauküche in Berlin-Neukölln“

zusammengekommen seid, um dort

„Glasnudelsalat“

zu verspeisen und mit der Journalistin Anna Fastabend von der ´Süddeutschen Zeitung´ ein Gespräch über Euer

„Schreiben, das Leben als Schriftstellerinnen und den Sexismus im Literaturbetrieb“

zu führen, in dessen Verlauf Ihr zu Protokoll gabt,

„Ilse Aichinger total spannend“

und Christa Wolf

„wichtig“

zu finden, Goethes Gretchen für ein

„krasses Opfer“

zu halten, von manchen Autoren

„nur Eisbergspitzen“

zu lesen und den Rest

„für später“

aufzusparen, Euch besonders für den

„Hallraum“

einer

„Autorinnenpersönlichkeit“

zu interessieren, für das

„Koordinatennetz von Produktionsweisen und Haltungen“,

in dem Ihr Euch

„zu Hause“

fühlt und das Euch

„als Referenzpunkt guttut“,

schließlich aber auch fordertet,

„in den Lektüren auf mehr Diversität zu achten“,

„Verhaltensweisen und Denkmuster zu hinterfragen“,

„sich auch Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse bewusst“

zu machen und

„eine stärkere Sensibilität dafür“

zu entwickeln, ratet also jetzt doch bitte mal, liebe Jungautorinnen, wieviel von Eurem Werk ich nach Lektüre dieses Interviews zu lesen Lust verspüre?

Nicht mal den Hauch einer Eisbergspitze.

Regengedicht

Rain_on_a_window

Wetter schlecht, ich bleibe drinnen.

Regen rinnt durch Regenrinnen.

Ist Musik in meinen Ohren.

Habe draußen nichts verloren.

Drinnen bleiben heißt: gewinnen.

Regen rinnt durch Regenrinnen.

Spinat mit Spiegelei (für Thomas Bernhard)

Karl Ignaz Hennetmair war ein Nachbar von Thomas Bernhard. Anfang der 70er Jahre machte er sich jeden Tag ausführliche Notizen über die vielen Stunden, die er mit dem Schriftsteller auf Spaziergängen, beim Essen und vor dem Fernseher verbrachte. Viel später wurde daraus das Buch „Ein Jahr mit Thomas Bernhard“.

Mehrere Menschen empfahlen es  mir zur Lektüre, nicht zuletzt Harald Schmidt, der auf dem Buchumschlag dekretiert: „unglaublich spannend, unglaublich informativ, grandios geschrieben!“

Das kann ich nicht bestätigen. Für mich ist das Tagebuch eher eine Aneinanderreihung ziemlich zäher Alltäglichkeiten, die noch dazu eher staksig formuliert sind. Kurzum: Nach nicht mal 200 Seiten mochte ich die restlichen 300 nit mehr lesen.

Bis dahin aber hatte ich immerhin zwei Stellen gefunden, für die die Lektüre sich schon gelohnt hat.  Erstens eine originelle Definition von Freundschaft:

„Seit sieben Jahren kennen wir uns, vor fünf Jahren waren wir splitternackt in der Alm baden, aber erst in den letzten Wochen hat die Bekanntschaft einen Grad erreicht, daß wir laut voreinander furzen.“ (S. 116)

Und zweitens eine in ihrer Banalität sehr komische Essens-Empfehlung:

„Da mir zu Mittag als Gründonnerstagskost Spinat mit Spiegelei so geschmeckt hatte, wollte ich bei der Rückkehr um ca. 18 Uhr Thomas so ein Essen anbieten. Er sagte, er habe dasselbe auch mittags im Gasthaus gegessen. Da haben wir dann auf Omeletten umgeschaltet. Aber wir haben uns vorgenommen, öfter Spinat mit Spiegelei zu essen, denn es schmeckt so gut.“ (S. 161)

Zwei Menschen, ein Realitätenhändler und ein Schriftsteller, die sich am Gründonnerstag des Jahres 1972 darauf verständigen, fürderhin häufiger Spinat mit Spiegelei zu essen – ich freue mich darüber.  Denn es schmeckt so gut.