Wolkenkuckucksheim

Neulich morgens stand ich vorm Haus und wartete auf meinen Sohn, formerly known as „Söhnchen“, um mit ihm gemeinsam laufen zu gehen. Ich stand, wartete und hatte nichts weiter zu tun, als in den Himmel zu schauen, der gerade aufblaute, und den Wolken beim Ziehen zuzusehen.  Was für ein seltener Luxus, sich mal eine  Minute nur den Wolken zu widmen. Fiel mir nicht leicht, aber: gefiel mir. Während des Schauens mußte ich an das Wort

„Wolkenkuckucksheim“

denken: Was für ein merkwürdiges Wort eigentlich. Wer sich das wohl ausgedacht hat? Was für eine spektakuläre Metapher.

Der Sohn kam runter, natürlich zu dünn angezogen, wir gingen laufen, er schlurfte ostentativ lustlos neben mir her, um mich aber später beim Schlußspurt in der Hornstraße lässig hinter zu sich zu lassen und naß zu machen mit seinen pupertär spannenlangen Beinen.

Nachmittags schaute ich nach bei Wikipedia und fand Interessantes heraus: daß es sich beim dem Wort

„Wolkenkuckucksheim“

um die Lehnübersetzung eines Begriffs aus Aristophanes´ Komödie „Die Vögel“ handelt, daß die  Übersetzung  von Arthur Schopenhauer stammt, der das Wort bereits 1813 in seiner Schrift „Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“ verwendete, während andere Übersetzer die Entsprechungen

„Wolkenkuckucksburg“

und

„Kuckuckswolkenhof“

wählten, daß Karl Kraus später eine modernere Version von „Die Vögel“ mit dem Titel „Wolkenkuckucksheim“ schrieb und daß der Begriff in der Popkultur einen wiederkehrenden Topos bezeichet, der „eine diegetische Welt voller Merkwürdigkeiten und exzentrischer Charaktere“ beschreibt.  Was das nun wieder bedeutet, das herauszufinden reichte meine Kraft nicht.

Dafür aber hier noch ein Gedicht, in dem ich vor ein paar Jahren mal das Wolkenkuckuck-Motiv untergebracht habe:

 

Ohne mich

 

Einfach aus dem Fenster kucken.

Heute kann mich nichts mehr jucken.

Still den Augenblick verwalten.

Alles nur für mich behalten.

Nicht mehr raus und nicht mehr unter

Leute, werkelt bitte munter

 

ohne mich. Ich habe Zeit.

Genieße meine Wenigkeit.

Genieße meine Ewigkeit.

Ohne mich. Ich habe Zeit.

 

Zeit, um in die Luft zu starren.

Reglos sitzend zu verharren.

Zeit, um Wolken zu begleiten.

Um nach Kuckucksheim zu reiten.

Heute kann mich nichts mehr jucken.

Einfach aus dem Fenster kucken.

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