Von fliehenden und fehlenden Pferden

Ein in der neueren deutschen Literatur bekanntes Motiv ist das des fliehenden Pferdes. Mehr Beachtung aber verdiente meines Erachtens das des fehlenden, nicht zuletzt seiner Rolle im Werk Franz Kafkas und in meinem eigenen wegen. Fangen wir an mit mir:

Vor einigen Jahren träumte ich eine Formulierung, die ich anderntags mit wenigen Zutaten zu einem Gedicht anreicherte:

 

Im Hotel zum fehlenden Pferd

 

Letzte Nacht träumte ich

vom Hotel zum fehlenden Pferd.

Das heißt: Im Traum

fiel mir dieser Name ein:

Hotel zum fehlenden Pferd.

Ich fand das unheimlich witzig:

Hotel zum fehlenden Pferd.

Und dachte im Traum,

das muß ich mir unbedingt merken:

Hotel zum fehlenden Pferd.

Und morgen früh gleich notieren:

Hotel zum fehlenden Pferd.

Da kann ich noch was draus machen,

etwas ganz Großes,

einen Roman zum Beispiel

namens „Im Hotel zum fehlenden Pferd“.

Und wenn nichts Großes,

dann etwas Kleines,

ein Gedicht zum Beispiel

namens „Im Hotel zum fehlenden Pferd“.

Hier ist es.

 

Im Zuge meiner Vorbereitung auf das Kafka-Jubiläum im Juni stellte ich nun fest, daß das Motiv des fehlenden Pferdes auch bei Franz Kafka an zentraler Stelle aufscheint, nämlich in seiner Erzählung „Ein Landarzt“:

„…aber das Pferd fehlte, das Pferd.“

Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Erzählung früher schon einmal gelesen habe, vermute es aber. Tauchte das fehlende Pferd deshalb später in meinem Traum auf, der dann zum Gedicht wurde? Weiß nicht, auch nicht so wichtig. Ich freu mich aber, daß Kafka und mich und mich und Kafka dieses Motiv verbindet.

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