Höflichkeit als Farce

Es ist noch nicht allzu viele Jahre her, da brachte die Kellnerin das Essen, der Gast bedankte sich und die Kellnerin antwortete „Bitte schön“,  „Gern“,  oder „Gern geschehen.“

Das hat sich in jüngerer Zeit geändert. Denn die gängige Dankes-Erwiderung unserer Servier- und Service-Kräfte lautet inzwischen:

„Sehr gerne.“

Diese allzu devote und inflationär sich verbreitende Steigerungsform hat schon Wiglaf Droste aufgeregt. Möglicherweise handelt es sich hier auch um eine Überkompensation des jahrelangen Geplärres von der „Service-Wüste Deutschland“.

Das ubiquitäre „Sehr gerne“ ist allerdings noch nicht das Ende der Fahnenstange – wie ich kürzlich in einem Bonner Hotel feststellte, als der eigentlich sehr sympathische Rezeptionist bei der Bezahlung meines Zimmers Höflichkeit komplett zur Farce, zur Karikatur ihrer selbst entstellte:

„Dann können Sie Ihre Karte jetzt sehrsehr gerne draufhalten oder reinschieben.“

Sehrsehr gerne hätte ich ein bißchen aufgejault. Aber höflich wie ich bin, hielt ich stumm die Karte drauf.

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