Vor ein paar Tagen las ich ein Interview mit der New Yorker Autorin Fran Lebowitz in der ´Süddeutschen Zeitung´. Darin erzählt sie, was an ihrer Heimatstadt sie besonders stört:
„In den letzten 10 oder 15 Jahren gab es eine große Anstrengung, die Leute zum Radfahren zu bewegen. Jetzt fahren Millionen Menschen Rad. Und sie haben diese Elektrofahrräder. Früher dachte ich immer, dass ich als Fußgängerin vielleicht eines Tages von einem Taxi überfahren werde. Aber die Autos halten meistens an den roten Ampeln an. Im Unterschied zu den Fahrrädern. Deshalb denke ich am Ende des Tages immer: Ich kann nicht glauben, dass ich heute nicht überfahren wurde.“
Die Angst davor, von einem rasenden Fahrradfahrer angefahren zu werden, kenne ich. Am selben Abend dauerlief und slalomte ich durch den pickepackevollen Park am Gleisdreieck. Mir entgegen kam so ein Prachtexemplar von Kampfradfahrer, der mit Stöpseln im Ohr die Fußgängerinnen und Fußgänger aus dem Weg klingelte. Ein Egotrip wie aus dem Bilderbuch, denn eigentlich sollten in diesem Park die Gehenden Vorrang haben.
Ich bin mir aber ziemlich sicher, daß der Kampfradfahrer sich absolut im Recht fühlte: Ich bin ein highperformender Individualist auf teurem Designerrad – und das lahme, letztlich lebensunwerte Fußvolk nervt.
Diese Form der sich wichtiger und wertvoller dünkenden Rücksichtslosigkeit erinnert mich an die der Audi-Fahrer, die andere mit 200 Sachen und Lichthupe von der Überholspur schießen.
Die Rücksichtslosigkeit auf zwei Rädern aber schmerzt mich mehr, denn das Fahrrad ist eine der wundervollsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte. Es war mal ein so sympathisches Verkehrsmittel – und könnte es noch immer sein.
Ich bin jeden Tag dankbar, dass ich mit meinenem E-Bike mobil bin – trotz meiner Knie Arthrose. Und ich bin (auf Grund vieler, auch eigener Erfahrungen) jeden Morgen besorgt,ob die „Rechtsabbiegerautos“ die Radler mit Vorfahrt wahrnehmen und akzeptieren.
PS: Idioten gibt es überall , auch bei den Radlern.
Mein kleiner Text ist ja aus Sicht einer Fußgängerin und eines Fußgängers geschrieben, lieber Rainer. Und die fürchten inzwischen eher die Rad- als die Autofahrer. Die Radfahrerinnen und Radfahrer ihrerseits sind natürlich oft schutzlos rücksichtlosen Autofahrern ausgeliefert. Ich fände nur schön, wenn die Radfahrer diese Rücksichtslosigkeit nicht an die Fußgänger weitergeben würden.