Ihr Lieblingsplatz war die Wiese
unter der Feige am Haus meiner Schwester.
Dort saßen sie und pickten,
immer zu zweit,
immer neben einander,
der linke und der rechte Wiedehopf.
Wenn sie sich erschraken
über Menschen, über Autos,
propellerten sie schnell in die Höhe,
fast gleichzeitig,
der rechte und der linke Wiedehopf.
Eines schönen Morgens
sahen wir einen der beiden
auf der Stromleitung sitzen,
im Gegenlicht, sehr pittoresk im Profil.
Wir fragten uns,
noch scherzhaft,
ist es der linke oder der rechte der beiden Wiedehopfe?
Nachmittags dann schon wieder:
nur einer der beiden
schaute uns beim Baden zu.
Abends schließlich,
als wir aßen
und er abermals
ganz in unserer Nähe saß,
der rechte oder der linke Wiedehopf,
ging uns auf:
Er ist allein.
Einer von beiden fehlt,
entweder der linke oder der rechte,
warum auch immer.
Der übrig war,
dauerte uns.
Meine Schwester fragte den Wiedehopf:
(Foto: Andreas Günther)
Ich dachte erst auf dem Foto wäre eine Handtasche von Paul Gaultier. Aber schöne und ergreifende Betrachtung jedenfalls.
Ergänzen möchte ich noch, was mir der große Schlagzeuger Kalle Mews zu diesem Text schrieb. Er hat ganz früher mal mit Helge Schneider musiziert, später mit Wiglaf Droste, heutzutage geht er mit Ulrich Tukur auf Tour.
„Laut einer Tukur Moderation zur Einführung meiner Person habe ich von Theologie auf Ornithologie umgesattelt, um dann jahrelang als Vogelforscher seltene Regenwaldvögel am Oberlauf des Orinoko zu beobachten, habe selbst dabei mit diesen Vögeln in ihren Nestern gelebt, bin mit einem Wiedehopf verheiratet und lebe in einer Volière in Kiel.
Das zu deinem einsamen Wiedehopf.“
Und dies noch: „The Lonesome Wiedehopf“ wäre auch ein guter Bandname, finde ich.