Alle Beiträge von Sankt Neff

Die Liebe, sagt Depardieu

Johanna Adorján hat schon wieder einen guten Text geschrieben. Er steht in der aktuellen Wochenendausgabe der ´Süddeutschen Zeitung´ und beschreibt ein nicht ganz einfaches Interview mit Gérard Depardieu in Berlin. Die in meinen Augen zentrale Passage, darf ich, so hoffe ich, hier, wo ich mich bemühe, alles Wesentliche aufzuheben für alle, aufheben für alle:

„Was findet er wichtig im Leben? Die Liebe, sagt Depardieu. Nicht die romantische, sondern die zwischen allen Menschen. Er sucht ein anderes Wort dafür: Harmonie. Es gäbe so viele Missverständnisse auf der Welt, so viel Dummheit, Rassismus und idiotische Ideen. Dabei wären wir doch alle eins. Würden zusammengehören, als Menschheit. Ist ihm denn wichtig, geliebt zu werden? Ja, sagt er. Auch wenn er nicht wisse, ob er es verdiene. Es sei auf jeden Fall einfacher, geliebt oder gemocht zu werden als nicht gemocht. ´Wenn man geliebt wird, versucht man liebenswert zu sein. Wenn man ungeliebt ist, ist man, wie alle Ungeliebten, unausstehlich.´“

Morgendlicher Dialog

Vater weckt Tochter:

“ Guten Morgen, Süße, es ist 7.“

“ Welcher Tag ist morgen?“

„Morgen? Mittwoch.“

„Ooh. Mist!“

Wieso will sie morgens um 7 wissen, welcher Tag nicht heute, sondern morgen ist? Und wieso ist es mistig, wenn morgen Mittwoch ist?

Schön, wenn der Tag mit solch rätselhaften Botschaften beginnt.

Heilige Drei Könige

Dieses Foto von unserer Lesung im November mit Sophie Tassignon und Dirk von Petersdorff mal als Bebilderung des heutigen Feiertags. Nach langer, langer Sommerpause wieder im K-Salon – und dann gleich in so stimmiger Besetzung:

Das war einer der schönsten Nachmittage des vergangenen Jahres.

Was heute sonst noch wichtig ist:

Mein Vater würde 85 und Adriano Celenatano wird es. Daß beide am gleichen Tag geboren wurden, ist mir erst vor ganz kurzem aufgefallen. Vielleicht ist die Koinzidenz ein Teil der Erklärung dafür, daß ich diesen speziellen italienischen Mann so speziell mag.

Und daß auch mein Vater gut und gerne als italienischer Mann durchging, dafür hier ein bildhafter Beleg aus Venedig:

Notwehr

Freuen tat ich mich und lachten mußte ich.

Ich freute mich beim Spaziergang durch den Kiez, daß es immer noch

„Leleland“

gibt, ein sehr spezielles Spezialgeschäft nur für Ukulelen. Toller Geschäftsname auch, wie ich finde.

Lachen mußte ich über den Zettel, den der Besitzer auf die Eingangstür geklebt hat:

„Please don´t play ´Over The Rainbow´!“

Daß ein eigentlich schöner Song zur echten Plage werden kann, wenn er immer und immer wieder gedudelt und genudelt wird, schließlich abgenudelt ist zum Gotterbarmen, dafür gibt es vielfältige Belege: „Hallelujah“ Hilfsausdruck!

Freund Andreas jedenfalls, seines Zeichens Ukulele-Spieler vor dem Herrn, brachte die Bitte des Lords of Leleland angemessen auf den Punkt:

„Notwehr.“

Liebe, Kotze, Scheiße

Fast ist es vorbei, das Fest der Liebe, deshalb noch schnell zwei feierliche Gedanken zur Weihnachtszeit:

Kürzlich dachte ich anläßlich eines Anlasses:

Liebe ist, wenn du einem dir nahestehenden Menschen wie selbstverständlich beim Kotzen den Kopf hältst.

Ein paar Tage später dann las ich in Ian McEwans neuem Buch „Lektionen“, was der Protagonist, ein junger Vater, über seinen erst wenige Monate alten Sohn erzählt:

„Still begann Lawrence, im Schlaf zu scheißen. Der Gestank war gar nicht schlimm. Eine Erkenntnis, die mir mit dem Erwachsenenalter kam – wie rasch man die Scheiße derjenigen ertragen lernte, die man liebte. Eine Faustregel des Lebens.“

Von der Welt auf der Welt

Ja, es ist da und auf der Welt, mein neues Buch:

Es heißt

„Von der Welt mal kurz nichts wissen“

und ist randvoll mit neuen Gedichten. Sie wollen und sollen animieren zum festen Glauben an den Frühling, an das Gute im Menschen, die Anmut im Alltag, an das Schöne und Wahre, an die Albernheit als Notausgang aus der Melancholie. Sie feiern den Trost durch Katzen und Kinder, die Freuden des Tischtennis und des Mittagsschlafs. Denn bisweilen tut es gut, von der Welt mal kurz nichts zu wissen.

Und schon zum dritten Mal hat PeterLicht sich nicht lumpen lassen und etwas Feines auf die Rückseite geschrieben:

„Ein erstauntes und menschenfreundliches Überlebensmännchen ist in diesen urbanen Gedichten unterwegs. Wenn die Städte nur von solchen Ichs bevölkert wären, müsste man sich keine Sorgen machen. Die Gedichte muten an wie leichthändige Cartoons zum Alltag. Steffen Brück dichtet so wie Sempé zeichnet.“

Wenn Ihr das Buch bestellen wollt, geht das am leichtesten hier:

Von der Welt mal kurz nichts wissen

Aber natürlich auch bei anderen analogen oder digitalen Buchhändlern.

Ihr habt es in der Hand, ein lyrisches Independent-Produkt in einen veritablen Bestseller zu verwandeln!

Und nochmal Zeitung

Kaum schreibe ich hier über den aus der Zeit gefallenen Vorgang des ungelenken Umblätterns großer Zeitungsseiten auf engem Raum in der U-Bahn, verkleinert der ´Tagesspiegel´ auch schon sein Format. Das Umblättern also fiel mir heute leichter, wieder aber war ich der einzige weit und breit, der dieser alten Kulturtechnik ein ehrendes Andenken bewahrte.

Nochmal Zeitung

Hätte ich auch nicht gedacht, daß ich mir mal mit Zeitung in der Hand so aus der Zeit gefallen vorkommen würde, wie ich es heute tue. Oft bin ich der einzige im ganzen U-Bahn-Waggon. Insbesondere in den Augen und Ohren junger Menschen sicher sehr befremdlich der Vorgang des Umblätterns von großen Seiten aus Papier auf engem Raum, die dabei entstehenden Verrenkungen, das dabei entstehende Rascheln. Ich mag und mach es aber trotzdem.