Merkwürdig und betrüblich, wie die derzeit virulenten und sich wechselseitig überlappenden Krisen das Stadt- und Kulturleben verändern:
Wenn du abends am Rosa-Luxemburg-Platz aus dem Untergrund auftauchst, strahlt dir die Volksbühne nicht entgegen, sondern funzelt und trüblichtet aus Energiespargründen. Und das, obwohl hier heute PeterLicht auftritt.
Wie so viele Veranstaltungen auch dieses Konzert leider nicht gut verkauft. Grund: wahlweise kein Geld, Vorsicht oder Entwöhnung von Kulturroutinen.
Der Künstler ist trotzdem bester Laune und freut sich, daß das mit dem Auftreten nach zweieinhalb Jahren pandemiebedingter Pause „wieder halbwegs funktioniert“.
Die ersten Lieder sind sehr melancholisch und enthalten Zeilen, so griffig und lebenskrisenweise, daß sie mir noch Tage später im Hirn rumspuken:
„Wenn die,
die Dämonen kommen,
ist jeder, der ein Mensch ist, dein Freund“
Zeilen von großer Wucht und Wahrheit:
„Was du nicht kannst ist:
mehrere mehrere Leben führen
auf mehrere auf mehrere Schiffe gehn
und das schenkt uns die treue Realität
und der Rest und der Rest ist Hobby“
Je länger PeterLicht in seinem vorbildlich extravaganten Jumpsuit auf der Bühne steht, desto beweglicher und heiterer und ausgelassener wird er, das Publikum und die janze soziale Skulptur.
Gelobt seien die, die aus der Melancholie in die Albernheit finden, den Safarinachmittag vertanzen, gegen die Schwerkraft ansingen, die Sauhaftigkeit der Sonne, die Schlawinerhaftigkeit des Kapitalismus, den nervtötenden Entspannungswettbewerb.
Was ist der Gipfel der Albernheit? Die weiter unten im Blog schon zelebrierte Polonaise, zu der an diesem Abend in der Volksbühne sich auch PeterLicht sein Publikum zu animieren traut.
Und wer wäre ich, den Künstler hängen zu lassen? Also nichts wie rauf auf die Bühne, den Vordermann an der Schulter gepackt und dazu gesungen eine weitere Zeile von Wucht und Witz:
„Wer tot ist geht auf die Nerven
Wer tot ist geht auf die Nerven“
Und immer so weiter. Denn: Ist doch wahr!
Schwippnichte Laura hat diesen Moment dankenswerterweise für die Ewigkeit festgehalten:
Es lohnt sich, das kurze Video bis zum Ende zu sehen und zu hören – wenn PeterLicht ruft: „Es gibt nichts Peinlicheres als Mitmachaktionen!“ Das erinnert mich an eine Szene in einem der Abende von Hans Liberg. Dort animiert der Klassiksatiriker das Publikum, zur „Kleinen Nachtmusik“ von Mozart mitzuklatschen – um dann abzubrechen und zu fragen: „Finden Sie dieses Mitklatschen auch immer so schrecklich?“