Überall Esel

Zweimal war ich jüngst im Kino, zweimal starben Esel.

In „Triangle of Sadness“ stranden die Überlebenden eines Schiffsunglücks auf einer Insel. Vor lauter Hunger töten sie sehr unbeholfen einen Esel. Er gibt dabei schlimme Geräusche von sich. Ich mußte lachen über die Unbeholfenheit des Tötungsvorgangs und litt gleichzeitig sehr mit dem Esel – obwohl „doch nur ein Film“ und sicher no animal was harmed. Noch mehr litt Frau A. neben mir, die eine große Eselliebhaberin ist. Deshalb schenkte ich ihr auch einmal dieses Gemälde hier von Inka Gierden und Julien Collieux:Vor ein paar Tagen dann sah ich „The Banshess of Inisherin“. Schon wieder ein sehr guter Film. Und schon wieder kam ein Esel auf gruselige Weise zu Tode. Genau genommen war es wohl ein kleines Maultier. Es erstickte an den Fingern, die sich eine der beiden Hauptfiguren, gespielt von Brendan Gleeson, mit einer Schere abgeschnitten hatte, um dagegen zu protestieren, daß die andere Hauptfigur, gespielt von Colin Farrell, das Ende ihrer Freundschaft nicht akzeptieren kann. Hört sich das abwegig an? Im Film wirkt es stringent.

Der Tod des kleinen Maultiers ging Colin Farrell und allen im Kino sehr ans Herz. Vor allem der mir unbekannten jungen Frau neben mir, die mehrfach in ihr Taschentuch schniefte. Ich konnte sie gut verstehen.

In den Nachrichten hörte ich, daß ein polnisch-italienischer Film, der die Lebensgeschichte eines Esels erzählt, gerade als bester internationaler Beitrag für die Oscars nominiert wurde. Er heißt „EO“, was dem deutschen „I-Ah“ entspricht.

Was ist los? Werden europäische Fördergelder zur Zeit nur noch für Filme vergeben, in denen Esel vorkommen? Egal. „EO“ muß ich jetzt auf jeden Fall auch noch sehen.

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Der Esel in „EO“ ist, das las ich,  charakterlich angelehnt an den Esel I-Ah in „Pu der Bär“.  Falls ich es hier noch nicht erwähnt habe: Das Kapitel, in dem I-Ah Geburtstag hat, ist eine der schönsten Passagen der mir bekannten Weltliteratur.

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Sehr mag ich auch den Titel von Nick Caves Roman „Und die Eselin sah den Engel“, im Original mindestens so klangvoll: „And the Ass saw the Angel“.

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Zu erzählen wäre hier eigentlich noch die Geschichte von Freund Jo und seinem Somali-Wildesel – ein andermal vielleicht.

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In Italien begegnete mir vor nicht wenigen Jahren ein sehr kleiner Esel. Objektiv betrachtet war er sicher alles andere als furchteinflößend. Trotzdem traute ich mich nicht an ihm vorbei. Diese heldenhafte Geschichte ihres Vaters erzählen meine Kinder bis heute.

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