Wieder in Wien (5)

Das Hochgefühl, wieder in Wien sein zu dürfen, nur getrübt von der Erkenntnis, daß das Hotel Drei Kronen in der Schleifmühlgasse vor kurzem geschlossen hat. Bei bisherigen Besuchen war es immer meine Homebase. Ich mochte den sehr verbindlichen Rezeptionisten, die Patina des Treppenhauses, die weitläufigen Etagen, den Frühstücksraum samt nicht so tollem Frühstück und vor allem natürlich die Lage zwischen Naschmarkt und Café Anzengruber. Schlimm, daß nichts für immer ist.

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In der Schleifmühlgasse sehe ich einen stämmigen, grauhaarigen Mann mit seiner Familie aus einem Geschäft treten. Auf der Straße zieht dieser keineswegs Heruntergekommene einen Flachmann aus der Tasche und nimmt einen Schluck. Sieht man heute auch nur noch selten.

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Beim Umdrehen nach einer schönen Wienerin auf dem Naschmarkt  fast in Hundescheiße getreten.

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Die Café-Buchhandlung „phil“ in der Gumpendorfer hat sich zur Laptop-freien Zone erklärt und empfiehlt ihren Gästen Gespräche und Lektüre.  Das tut dem Laden gut.  Er ist auch nicht mehr ganz so überfüllt. Selbst Nicht-Hipster wie ich finden einen Platz.

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Auf dem Weg zu der Veranstaltung, von der im nächsten Kapitel die Rede sein wird, im winterlich dunklen Wien vorbei an der festlich beleuchteten Staatsoper. Neben mir ein junger Mann, der zu seinen Begleitern sagt:

„Respekt für die Eisdiele, daß sie immer noch auf hat.“

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Am nächsten Morgen schön verkatert wieder im Café Sperl und wieder neben dem Billiardtisch, auf dem eine großzügige Auswahl an Zeitungen ausliegt.  Eine Plakette sagt mir, daß dieser Tisch einst gefertigt wurde von der

KAIS. u. KÖN. HOF-BILLIARD-FABRIK

SEIFERT & SÖHNE

Wundervoll, daß es sowas mal gab.

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In der Albertina Modern stelle ich fest: Ich mag die Farben auf den Gemälden von Maria Lassnig. Ich höre einen Museumswärter, der sich mit einer Kollegin unterhält und seine Aussage abrundet mit einem gedankenvoll wienerischen

„Von dem her…“

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Beim Bagelessen im „Blueorange“ schnappe ich noch eine wertvolle österreichische Formulierung auf. Der junge Mann, der sein weibliches Gegenüber volltextet, sagt:

„Ich habe ur-schlecht geschlafen.“

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