80 Jahre Henscheid

Wann hast du es als Schriftsteller geschafft? Nobelpreis? Natürlich nicht. Geschafft hast du es als Schriftsteller, wenn sich schon zu deinen Lebzeiten eine Kneipe nach dir benennt.

„Henscheid“

– so heißt seit ein paar Jahren eine Gastwirtschaft in Frankfurt. Zu Ehren eines großen Mannes, der genau heute genau 80 Jahre alt wird.

Von Eckhard Henscheid stammen einige der schönsten Sätze, die je in deutscher Sprache geschrieben wurden. Zum Beispiel die hier aus „Dolce Madonna Bionda“:

„Im Gehen suchte Hammer leis zu weinen. War aber noch zu früh.“

Martin Mosebach hat Henscheid mal als „Erdteil“ bezeichnet. Das ist eine passende Metapher, finde ich. Denn sowohl der Autor als auch sein Werk erscheinen wie ein ganz eigener, völlig unabhängig existierender Kontinent. Nie habe ich einen Menschen kennengelernt, in dessen Kopf sich derart viele Interessens- und Wissensgebiete versammeln: Literatur, Musik, Malerei, Schach, Fußball, Katholizismus, Klatsch und Tratsch. Und natürlich die Freude an allen Spielarten der Komik.

Als ich die Eheleute Henscheid vor fünf Jahren besuchte, freuten sich die beiden wie Kinder darauf, mir zu demonstrieren, daß ihr 29 Jahre alter roter Fiat Panda als einziges Auto Ambergs durch eine sehr enge Gasse der Altstadt paßt.

Tags drauf dann, Karfreitag, unterwegs zu einem Ausflug, will Henscheid mir das Kunststück erneut vorführen –  und schrammt mit dem Panda erst ordentlich links an, nach dem Zurücksetzen dann nochmal volle Kanne krachend rechts.

Was den abenteuerlustigen Mann nicht davon abhält, auf dem Heimweg  unverdrossen abermals die Herausforderung zu suchen – und vor einer Gruppe von staunend schauenden Karfreitags-Gottesdienst-Besuchern zu meistern.

Ein Meister der Komik, aber auch der fast unaushaltbaren Zartheit. Wie hier, am Schluß der Novelle „Maria Schnee“:

„Hermann sah lang in die Luft hoch und ließ endlich die Augen wieder zurückfallen. Im geöffneten linken Parterrefenster war Hubmeiers Rumpf erschienen, mitsamt dem Kopf schon leicht nach draußen hin geneigt. Etwas ertappt nickte dem Wirte Hermann zu. Hubmeier lächelte diskret und hob auch schon den rechten Arm. Mit der flachen fächelnden Hand winkte er Hermann bewegt und freundlich zu und ihm noch lange nach.“

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