Das bisschen Liebe

Das Herz ist mir bedrückt, und sehnlich
Gedenke ich der alten Zeit;
Die Welt war damals noch so wöhnlich,
Und ruhig lebten hin die Leut’.

Doch jetzt ist alles wie verschoben,
Das ist ein Drängen! eine Not!
Gestorben ist der Herrgott oben,
Und unten ist der Teufel tot.

Und alles schaut so grämlich trübe,
So krausverwirrt und morsch und kalt,
Und wäre nicht das bißchen Liebe,
So gäb’ es nirgends einen Halt.

Tolles Gedicht, oder? Nicht von mir, obwohl ich es gern geschrieben hätte, sondern von Heinrich Heine. Es stammt aus dem „Buch der Lieder“ und erschien vor 198 Jahren.

Die Verzweiflung angesichts einer immer unwohnlicher werdenden Welt wirkt sehr heutig. Tröstlich zu wissen, daß sich schon in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts zumindest manche Menschen so gefühlt haben. Tröstlich auch zu wissen, daß die Welt dann trotzdem noch ein Weilchen weiterging, mal mehr, mal weniger wohnlich, zwischenzeitlich unbewohnbar.

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