Alle Beiträge von Sankt Neff

Wenn ich mir was wünschen dürfte

Folgende irritierende Meldung neulich in der Zeitung gelesen:

China geht gegen Stripper bei Beerdigungen vor

PEKING – Das chinesische Kulturministerium hat angekündigt, ab sofort mit aller Härte gegen Stripper bei Trauerfeiern vorzugehen: „Von Zeit zu Zeit kommt es auf dem Land zu Striptease-Darbietungen und anderen illegalen Aufführungen“, erklärte das Ministerium in Peking. Alle darin verwickelten Personen müßten künftig mit Ermittlungen und mit Strafen rechnen. Nach Angaben der staatlichen Agentur Xinhua werden die Stripper in ländlichen Gebieten oft von Hinterbliebenen gebucht, um möglichst viele Gäste zu einer Beerdigung zu locken.

Wenn ich mir also für den Fall, daß,

was wünschen dürfte, dann:

lieber weniger Gäste.

Strand gegen Hure

Aufs schönste genährt wurde mein dumpfer Antiamerikanismus in den achtziger Jahren von einer Jahrgangsstufen-Kameradin. Vorher noch zurechnungsfähig und von mir sogar für würdig erachtet, meine Freundin sein zu dürfen, kehrte sie nach einem Jahr als Gastschülerin in den USA  mit einem Button an der Jacke zurück. Darauf ihr offenbar neues Lebensmotto:

„Life´s a beach“

In diesem Slogan schien mir all das verdichtet, was ich und meine Mitstreiter in der Karl-Marx-AG, die wir uns vorgenommen hatten, das „Kapital“ komplett zu lesen und zu verstehen, für Amerika hielten: verabscheuungswürdige Oberflächlichkeit und ekelerregende Freude am Dasein.  Erst Jahrzehnte später,  nämlich neulich, fiel mir auf, daß der Spruch auf dem Button vermutlich eine Abwandlung der Lebensverächter-Losung

„Life´s a bitch“

war. Und damit zumindest origineller als ich damals. Mit dieser Einsicht hoffe ich, im Alter von nunmehr 46 Jahren, Überheblichkeit gepaart mit Unwissen, meine Jugend also, endgültig hinter mir lassen zu können.

Nackte Frau im Stau geköpft

Eine Kollegin berichtete von einem Seminar zum Thema „Schreiben für Online“. Im Kampf um das rare Gut Aufmerksamkeit, sei es, so der Trainer, entscheidend, möglichst viele „Key“- und „Trigger“-Wörter in Schlagzeile und Text unterzubringen. Besonders gut funktionierten erwartungsgemäß Begriffe aus den Bezirken Sex, Service und Horror. Eine Überschrift, die beste Chancen habe, angeklickt zu werden, sei demnach:

„Nackte Frau im Stau geköpft“

Unter lyrischen Gesichtspunkten wäre die Variante

„Nackte Frau, geköpft im Stau“

noch etwas stimmiger.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ein zwar verwandtes, aber deutlich idyllischeres Motiv zu besingen. So an einem frühen Frühlingstag von mir selbst gesehen in Berlin-Neukölln:

 

Frühlingsmotiv

 

I.

Stell dir mal vor:

am Himmel: eine liebe Sonne,

in der lieben Sonne: ein Balkon,

auf dem Balkon: eine Nähmaschine,

an der Nähmaschine: eine junge Frau,

die junge Frau: mit nackten Brüsten.

Stell dir mal vor!

 

II.

In der ersten Sonne sitzt

sitzt auf dem Balkon die junge

junge Frau mit nackten Brüsten

Brüsten an der Nähmaschine

Nähmaschine in der Sonne

Sonne sitzt auf dem Balkon.

 

III.

Nähmaschine

nackte Brüste

junge Frau

Balkon

und

Sonne.

Finde die fünf Scheusslichkeiten

Einen der abstoßendsten Sätze, die ich je las, habe ich vor ein paar Monaten im ´Tagesspiegel´ gefunden. Der zitiert aus einem Gutachten für das Bundesverteidigungsministerium:

„Das Management von Rüstungsprojekten verlangt eine Führungskultur, in der Transparenz und Integrität gelebt werden.“

Auf insgesamt 14 Wörter kommen mindestens fünf üble Scheußlichkeiten, die sich aufs Unschönste zu einem Konglomerat der Obszönität zusammenklumpen.

Wie ich einmal Gott verlinkte

Sankt Neffs Neffe Niklas hielt vergeblich Ausschau nach einem „Kaputt“-Schild, stieß dafür aber  auf diese heiligmäßige Buchstaben-Kombination hier:

image1

Das NEFF-Mobil ist also im Rhein-Kreis Neuss gemeldet. Zu diesem Kreis gehört auch die Ortschaft Allerheiligen. Und dort wohnt Roman Aplowski. Jener Roman Aplowski, der für die Sankt Neff-Seite das Gedicht „Was Gott sich dachte, als er mich machte“ eingesprochen hat:

Gott

Teufel auch! – Alles ist mit allem wunderlich verbunden.

Es gibt sie noch, die kaputten Dinge!

Manchmal lohnt es sich eben doch zu warten. Am Tag nach meinem letzten Eintrag schrieb mir Friederike Wysocki aus Berlin-Pankow:

„Hi Sankt Neff,

vielleicht drückt man sich im Ostteil der Stadt noch direkter aus oder die Dinge werden, wenn es sich nicht um Mieter, sondern um Eigentümer handelt, eher beim Namen genannt… Jedenfalls hier der Beweis,  daß es sie noch gibt, die kaputten Dinge:“

Kaputte Tür

Mit diesem wohl doch ziemlich einmaligen Dokument – allein der „Obertürschließer“ ist Gold wert – und der gleichfalls goldwerten Variation auf den Manufactum-Slogan hat sich Frau Wysocki die Sankt Neff-Devotionalie aber sowas von verdient. Ich werde sie ihr alsbald feierlich überreichen. Jauchzet,  frohlocket!

Hauptsache nicht kaputt!

Erfreulich viele Reaktionen gab es auf meinen Appell, nach „Kaputt“-Schildern Ausschau zu halten. Zwei davon sind als Kommentare zu den Beiträgen „Defekt“ und „Defekt (2)“ lesbar.

Zudem schrieb mir Wolfgang Kaes aus Bonn:

„Noch nie nie nie in meinem 57-jährigen Leben habe ich ein Schild mit der Aufschrift ´Kaputt´ gesehen. Ich kenne nur ein nettes Örtchen namens ´Caputh´ in der Nähe von Potsdam, da hat mal Albert Einstein gewohnt.“

Das stimmt natürlich. Und dort gibt es auch ein Ortsschild, auf dem

„Caputh“

steht.  Ein Foto dieses Schildes hat Jürgen Gressel-Hichert aus dem Internet kopiert und gemailt, verbunden mit der Frage, ob er dafür den in Aussicht gestellten Preis erhalte. Was leider verneint werden muß.  Auch Gerhard Rekel hat im Netz recherchiert und dort eine „Retro-Fußmatte“ mit der Aufschrift

„Klingel kaputt! Bitte laut ´Dingdong´ rufen!“

entdeckt. Diese Fußmatte kostet 24 Euro 99. Ich möchte sie bitte nicht geschenkt kriegen.

Claudio Borsato hat ein Motiv von einiger komischer Fallhöhe entdeckt und fotografiert:

Hauptsache nicht kaputt

Sein fast schon preiswürdiger Kommentar:

„Hauptsache nicht kaputt!“

Alexander Cafetzakis, der Besitzer der „Bar Italia“ in Kreuzberg, hat gar nicht erst lange nach einem „Kaputt“-Schild gesucht, sondern schnell eins selbstgemacht. Als ich die Bar am Morgen nach meinem Aufruf betrat, fand ich an der Klotür diesen süßen Fake  hier:

Kaputt

Ein schönes Fundstück tat Nicole Schidzik-Goll auf der Seite ´Notes of Berlin´ auf – einen Zettel folgenden Inhalts:

„Liebe Mitbewohner mit dem ´kaputten´ Bett

Mir macht es fast nichts aus, dass ihr Sex habt und ich nicht. Was mich aber wirklich stört: wenn ich dafür geweckt werde!!! So passiert letzte Nacht 3:45 Uhr.  Euch sollte schon klar sein, dass die Stahlbetonwände hämmernde Geräusche sehr weit übertragen.  Bitte versucht Rücksicht auf den Schlaf eurer Mitbewohner zu nehmen. Notfalls fragt den Hausmeister, ob dieser euer Bett fixieren kann. Ich bin sicher der hilft euch gern. Danke“

Diktion und Zeichensetzung dieser Botschaft lassen auf ein authentisches Dokument schließen.  Nicole Schidzigk-Goll stellt deshalb die nicht völlig unberrechtigte Frage:  „Zählt das auch??? Oder bekommt jetzt Marco aus Karlhorst den Preis???“ Nein, Marco aus Karlshorst bekommt ihn nicht, Nicole aber immerhin einen Trostpreis, nämlich diesen Zweizeiler hier:

Um Viertel vor vier früh vom Vögeln geweckt:

Ich fürchte, Herr Nachbar, ihr Bett ist defekt!

Viele findige Einsendungen – aber nicht das eigentlich Gesuchte: ein echtes, authentisches, genuines, ureigenes  „Kaputt“-Schild. Der Preis und ich warten weiter.

Defekt (3)

U 7

 

»Zurückbleiben bitte!«

drängt der U-Bahn-Lautsprecher

für gewöhnlich.

Heute jedoch

ist er defekt

mit dem Effekt,

daß ein kleines Knacken

die Botschaft völlig verändert

und an mich höchstpersönlich richtet.

Und so höre ich auf meinem Weg durch die Stadt

ein Dutzend Mal die dringende Mahnung:

»Brück bleiben bitte!«