Alle Beiträge von Sankt Neff

Satire als Notwehr (2)

Weiter unten schrieb ich über Satire als Notwehr und darüber, wie sie mit einfachsten Mitteln ausgeübt werden kann:

Ein dicker schwarzer Filzstift reicht, um Personen auf Wahlplakaten mittels Schnurrbart oder schwarzen Zähnen zu entstellen, ihre mitunter penetrante Präsenz in Komik aufzulösen.

Auf eine andere harmlose, aber wirkungsvolle Albernheit verfiel neulich nachts Frau A., um ihrem Ärger über verfehlte Verkehrspolitik lustig Luft zu machen:

Alexander Doofbrindt

Andreas B. Scheuer

Volker Unwissing

Ein wenig infantil natürlich, solche Namens-Witze, aber sehr sympathisch, hilfreich und gut. Denn die  Erleichterung durch Komik hilft zu verhindern, daß Ärger zu Haß gerinnt. So ziemlich ungefähr hat es mal Max Goldt formuliert – allerdings lang bevor die Haßbürger am Horizont erschienen und sich anschickten, uns das Licht, die Luft zu nehmen. Was wir hoffentlich zu verhindern wissen.

Feine Unterschiede (2)

Wieder in die Hände fiel mir jetzt ein Satz, der den von Pierre Bourdieu beschriebenen  Distinktionsgewinn sehr witzig auf den Punkt bringt, also den Willen zur Abgrenzung der Oberschichtler von den Unterschichtlern, der Charlottenburgerinnen von den Hellersdorfern, der Besseresser mit teurer Küche von denen, die einfach essen:

„Ab wieviel Bildung muß man eigentlich Pasta sagen statt Nudeln?“

Besonders gut an diesem Einsatzwitz des Comicduos Katz und Goldt gefällt mir das „muß“.  Denn Standesdünkel verpflichtet, in diesem Fall zum „Pasta“-Sagen.

Seltene Singulare

Was ist der Plural von Singular? Ich vermute „Singulare“, bin aber sonntäglich gestimmt zu faul, um nachzuschauen.

Was allerdings sicher ist: Zu den seltenen Singularen gehört der „Erdnußflip“, denn ein Erdnußflip kommt selten alleine vor.

Vor drei Tagen jedoch, als ich in der Hornstraße zu meiner donnerstagabendlichen Laufrunde ansetzen wollte, lag vor mir auf dem Weg ein einzelner Erdnußflip, ohne all die anderen, noch unzertreten. Wäre ich Alexander Kluge, würde ich sagen:

Der Erdnußflip auf der Erdoberfläche: einsam.

Wilmersdorfer Witwen revisited

Vor ein paar Tagen in der U-Bahn-Linie 7 eine Szene wie aus dem berühmten Musical „Linie 1“:

Eine ältere Dame, Typ Wilmersdorfer Witwe, hochgesteckte graue Haare, sitzt mir gegenüber – und häkelt. Das allein kwasi schon weltkulturerbeverdächtig.

Ich lese Zeitung. Dann höre ich sie laut meckern:

„Junger Mann, da hält man sich aber die Hand vor den Mund.“

Der junge Mann zu meiner Linken hat offenbar hemmungs- und handlos gegähnt. Er lächelt verlegen, die Häklerin setzt nach.

„Ein bißchen Kultur sollte schon vorhanden sein.“

Ich bin begeistert. Um uns herum die komplette Verrohung durch Turbokapitalismus, Konkurrenz, Kulturverlust, Krieg. Die Häklerin aber besteht tapfer auf Hand vorm Mund.

Neben Fitzek, über Osang

Eine Spur selbstverliebt habe ich hier ja gelegentlich schon dokumentiert, neben wem meine Bücher in wessen Regal stehen.

Freundin Nicole und Freund Jo schaffen sich gerade eine neue Bibliothek, in der ich mich einerseits neben Sebastian Fitzek und über Alexander Osang befinde, andererseits aber auch ein ganzes Fach für mich allein habe.

Das ist Ehre und Ansporn zugleich, denn so ein schön geräumiges Fach will ja auch vollgeschrieben werden. Am besten verlege ich mich auf dicke historische Fortsetzungs-Schinken. Mit schmalen Gedichtbänden und Miniaturromanen wird das ja nie was.

Lektionen (3)

„Es ist schön, die Namen von Bäumen, Vögeln, Insekten und Sternen zu kennen.“

(Ian McEwan, Was ich gern früher gewusst hätte)

*

Ich bin nicht so gut im Erkennen

und auch nicht so gut im Benennen

von Bäumen, Vögeln, Insekten und Sternen.

 

Ich wär gerne gut im Erkennen

und auch gerne gut im Benennen

von Bäumen, Vögeln, Insekten und Sternen.

 

Ich hoffe, das kann ich noch lernen.

Zementmischer (12)

Witterschlick 2023

Und auch nochmal von hinten, dieses Prachtexemplar von einem pittoresken Zementmischer, fotografiert an einem Prachtexemplar von sommerlichem Frühlingstag, prädestiniert dafür, der Feiertag zu sein für die Hochzeit eines Prachtexemplars von funky Brautpaar, dessen Prächtigkeit schon daran zu erkennen war, das es eben dieses Prachtexemplar von einem pittoresken Zementmischer zur Begrüßung gleich am Eingang des Festgeländes postierte – somewhere in, ich sag es gerne noch einmal:  Witterschlick.

Kuckuck

„Der Kuckuck ruft Kuckuck im Wald wie gewohnt.“

Diesen großen Satz sang einst der große Nils Koppruch. Ich mußte an ihn denken, weil auch bei uns auf dem Land der Kuckuck zur Zeit unablässig, ja eigentlich penetrant Kuckuck ruft.

Trotzdem nervt er mich nicht. Wer weiß warum?