Kühe

Auch diese herzerwärmende Meldung  will unbedingt hier aufgehoben werden:

Jockgrim – Kühe einer Herde in Rheinland-Pfalz haben ihr Wiedersehen in der Nacht zum Mittwoch laut gefeiert und damit Verwirrung unter Menschen gestiftet. Beunruhigte Ohrenzeugen riefen die Polizei wegen starken Lärms von einem Baggersee in Jockgrim. Dort trafen die Beamten auf 20 ausgelassen muhende Kühe. Die Polizisten ermittelten die Besitzerin. Diese erklärte, bei der Umsetzung auf eine neue Weide seien die jungen Kühe zunächst von den alten Tieren getrennt worden. Das anschließende Wiedersehen feierten die Rinder laut Polizei bis in die Nacht.

Dem freudvollen Ereignis in Jockgrim möchte ich ein schmerzhaftes  gegenüberstellen, dessen Zeuge ich auf einem Gutshof im brandenburgischen Tornow wurde:

 

Requiem für eine sterbende Kuh

 

Da liegt sie,

die Kuh,

und kommt nicht mehr auf die Beine,

die Kuh,

vor zwei Wochen hat sie gekalbt,

die Kuh,

und schafft es seither nicht mehr hoch,

die Kuh,

ein Traktor versucht sie zu heben,

die Kuh,

sie müht sich vergeblich zu stehen,

die Kuh,

und muß sich dann doch wieder legen,

die Kuh.

 

Da liegt sie, die Kuh, auf der Weide,

das Kälbchen daneben sehr ratlos,

die Städter, sie stehen betreten,

sie stehen betreten und sehen:

Kuhmutter und Kind.

Verschwinden im Haus

und kehren zurück

mit Cello, Akkordeon, Trommel und Flöte

und spielen darauf

ein Requiem für die sterbende Kuh. 

Gruppen-Namen

Kostenloser Vorschlag für solche, die auf der Suche sind nach einem Gruppen-Namen:

Die Sogenannten

oder auch:

Die Selbsternannten

oder auch:

Die sogenannten Selbsternannten

oder auch:

Die selbsternannten Sogenannten

Eine flüchtige Internet-Recherche ergab:  Alle noch zu haben.

Schreck-Sekunde – Kleine WM-Reminiszenz

Daß ausgerechnet dieser zum Kontrollwahn neigende Mann und geborene Schreck, der wichtige Fußballspiele grundsätzlich allein und alkoholabstinent schaut, um sie absolut ungestört und ungetrübt ´lesen´ zu können, daß dieser Mann ausgerechnet zum WM-Finale von seinen Prinzipien abwich und eine erkleckliche Anzahl von Freunden zum argentinischen Grillen einlud, sich während des Spiels mehrere Biere genehmigte,  dann in der 111. Minute Nachschub holte und beim Wiederhinsetzen die volle Flasche exakt auf die Fernbedienung stellte, woraufhin sich der Großbildschirm verdunkelte und leicht zeitversetzt im Nachbarhof hysterischer Tor-Jubel anhob, daß dieser arme Mann schließlich unter den ungläubigen Blicken seiner Freunde mehrere Minuten brauchte, um das Gerät wieder in Gang zu bringen, und es erst schaffte, als nicht  nur die endspielentscheidende Szene, sondern auch sämtliche Zeitlupen vorüber und perdu waren, das, ja das – ist eine wunderbare Lektion in Demut.

Möhre und Mörchen

Frau und Mann beim Abendessen. Dem Mann fällt ein Stück Möhre aus dem Salat unter den Tisch. Er schaut nach, findet es aber nicht auf Anhieb und ißt weiter.

Frau: Läßt du die Möhre jetzt unter dem Tisch liegen?

Mann: Ich suche sie später.

Nach einigen  Minuten beugt er sich nochmal unter den Tisch, findet das Möhrenstück, steckt es sich in den Mund, setzt sich wieder aufrecht hin und kaut demonstrativ laut und kräftig darauf herum, aber eben so demonstrativ, daß es wie schlecht gespielt wirken muß.  Die Frau sagt halb erheitert, halb empört:

„Du hast sie gar nicht gefunden!“

Er hat nur so getan, als würde er nur so tun. Und es hat funktioniert.

*

Kürzlich begegnete mir schwarz auf weiß der Name

Raoul Mörchen.

Ich mußte sehr lachen: Der Vorname „Raoul“ schafft mit seinem südamerikanisch-virilen Sound eine Fallhöhe, von der der Nachname „Mörchen“ dann vollrohr ins ureigen Deutsche, Niedliche, Erbsen-und Möhrchenhafte plumpst, juchhe!

Raoul Mörchen

Der Name klingt nach einer Figur aus einem Helge-Schneider-Hörspiel, ausgedacht aber hat ihn sich die Realität.

Höflichkeit gegenüber Hunden

Immer wenn mir meine Nachbarin in Begleitung ihres Hundes über den Weg läuft,  stellt sich mir eine Benimm-Frage: Grüße ich nur den Menschen oder auch das Tier? Ich kenne den Hund namentlich, er ist mir sympathisch, ich habe ihn gelegentlich auch schon gestreichelt, bin mir aber trotzdem unsicher, ob es sinnvoll ist, ihn im Vorbeigehn mit „Hallo Othello“ anzuquatschen.

Reizvolle Berufe

Eine Kollegin mailt mir, sie sei gerade auf dem Sprung zu einem Termin der Schornsteinfegerinnung. Ich antworte, daß ich einen Termin der Schornsteinfegerinneninnung bevorzugen würde.

Auch ein klangvoller Beruf: Äbtissin. In dem Film „Die Nonne“ spielte Isabelle Huppert sogar eine lesbische Äbtissin. Die, so stand es zumindest in der Zeitung, noch dazu lüstern ist.  Eine lüsterne, lesbische Äbtissin also –  oh Herr, lass Abend werden!

Wenn der Strumpf aber nun ein Loch hat

Das Töchterchen zur Mutter, deren Strumpf  am dicken Zeh ein Loch hat:

„Mama, aus deiner Socke kann man rauskucken.“

Eine frappierende Perspektivverschiebung im Geiste Georg  Christoph Lichtenbergs, der in den „Sudelbüchern“ spaßeshalber mal die Seite wechselte:

„Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.“

Hätte auch eine Zeichnung von F.K. Waechter sein können:  ein dicker Zeh, der den Betrachter aus einem Loch in der Socke heraus unverwandt anschaut.

Gutes Bauchgefühl

Freund Andreas schafft es, dem Wort „Bauchgefühl“ die ihm normalerweise eigene Ekligkeit zu nehmen:

„Ich lege meinen Kopf ja gerne auf den Bauch meiner Liebsten. Dann habe ich ein gutes Bauchgefühl am Kopf. Und sie ein gutes Kopfgefühl am Bauch.“

Feine Unterschiede

So mag der distinktionsgewinnorientierte Bildungsbürger sein Restaurant:

  1. Nur wenige Gerichte auf der Karte. Besser noch: gar keine Karte. Allein der Kellner weiß, was es heute gibt.
  2. Das Essen läßt ein bißchen auf sich warten.
  3. Nicht allzu große Portionen.
  4. Dafür darf es ruhig ein wenig teurer sein.

So mag der Unterschichtler sein Restaurant:

1.  Riesige Speisekarte.

2.  Das Essen ist schnell auf dem Tisch.

3.  Große Portionen.

4.  Billig.

Preisfrage: Wer von beiden ist sympathischer?

So ein feiner Mann

Thomas Kapielski hat im Alter von 63 Jahren seinen ersten Roman veröffentlicht. Er hätte es auch früher schon gekonnt, wollte aber nicht.  Der Roman heißt „Je dickens, destojewski!“

Der Titel allein verdiente schon höchste Auszeichnungen. Die Kapielski aber natürlich nicht bekommen wird. Weil ein so feiner Mann und extraordinärer Künstler auf spannenlangen „Longlists“ für literaturbetriebsnudeldicke Buchpreise keinen Platz hat.

Und wohl auch gar nicht haben will.

Mein All